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5. Das Heer.
(L' Homme de Courbiere, Geschichte der brandenburgisch-preußischen
Heeresverfassung. — Mar Iähns, Geschichte der Rriegsroissenschaften, vor¬
nehmlich in Deutschland, 2. Abteilung. — Derselbe, Heeresverfassungen und
Völkerleben. — Liebe, Der Soldat. — Von der Osten-Sacken und
von Rhein, Preußens Heer von seinen Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. I. —
Schmoller, Die Entstehung des preußischen Heeres von 1640—1740. Umrisse
und Untersuchungen S. 247—288.)
Die Arbeit für die Armee und an ihr roar für Friedrich Wilhelm I.
Pflicht und Freude. „Will man", sagte er, „in der Welt roas dirigiren,
roiirs die Feder nicht machen, roo es nicht Force der Armee soutenirt
wird." Die Force der Armee besteht in ihrer Größe und inneren
Beschaffenheit.
Größe. Friedrich Wilhelm I. hat die stehende Armee andauernd
vermehrt. Sie betrug bei seinem Regierungsantritt 39 963 Mann, am
1. Juni 1715: 47 548, 1. Juni 1729: 63 848, 1735: 69 521, bei seinem
Tode, am 31. Mai 1740: 81034. Er hat also das stehende Heer in 27 Jahren
verdoppelt. Preußen roar 1740 nach der Fläche der 10., nach der Bevölke¬
rung der 13., aber nach seiner militärischen Macht der 3. oder 4. Staat
Europas. Oesterreich hatte vielleicht über 100 000, Rußland 130 000,
Frankreich 160 000 Mann. Dieses Heer kostete zuletzt jährlich 5 Millionen
Taler, weit mehr als die Hälfte des 7 Millionen Taler betragenden Staats¬
einkommens. Die Fürsorge des Königs für ein großes und gut durch¬
gebildetes Heer ist einer der starten Grundlagen des wohlgeordneten,
sparsamen preußischen Finanzwesens.
Miliz. Friedrich I. hat das von seinem Vater übernommene
stehende Heer nicht nur erhalten, sondern auch vergrößert. Der Ausbruch
des spanischen und nordischen Krieges brachte ihn und seine Räte auf den
Gedanken, neben dem stehenden Heer noch ein Milizheer zu errichten.
Eme Zirkularverfügung vom 1. Februar 1701 sagt: „Es haben uns sorool
gegenwärtige in und außerhalb dem Römischen Reiche sich anspinnende
gefährliche und weitaussehende Konjunkturen, als auch die Conservation und
33eschützung Unseres Landes bewogen, eine beständige, wohl ausgeübte
Landmiliz errichten zu lassen, damit Wir Uns derselben, wann wir Unsere
auf den Beinen habende Armee zu Felde führen, zur Bedeckung der
Grenze bedienen können." Ein Dienstreglement von 1705 setzte fest,
daß in den Amtsstädten und Amtsdörfern alle junge Mannschaft zwischen
18 und 40 Jahren unter Angabe von Name, Alter, Beruf und Heimat
nach einem vorgeschriebenen Schema in eine Liste (Rolle) eingetragen
tverde, daß die Dienstzeit 5 Jahre dauere und daß diese Enrollierten außer
der Saat- und Erntezeit wöchentlich an einem Tage im Sommer 2,
im Winter 1 Stunde exerzieren sollten.
, ® l V f Miliz: Ihr Zweck ist nur die Landesverteidigung. Der Miliz-
lolöat erhalt eine militärische Ausbildung, aber nicht in einem Zeitabschnitt ununter-
och^A militärischen Dienstes, sondern mit Unterbrechungen, die sich namentlich
aus Rücksicht auf das wirtschaftliche Leben ergeben. — Vergleiche das Milizheer
der Schweiz, ferner unsere staatliche Jungwehr.