Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

12 Mittelalter. 
schon früher wiederholt gewarnt hatte, verriet die Verschwörung nochmals 
bei dem Gelage der leichtgläubigen Feldherren, eine allgemeine Erhebung 
sei im Werke: er schlug vor, ihn selbst, Armin und die übrigen Fürsten 
sofort festzunehmen; ihrer Fürsten beraubt, werde die Menge nichts zu 
unternehmen wagen und Varus Zeit genug gewinnen, durch Untersuchung 
die Schuldigen nnd die Unschuldigen kennen zu lernen. Aber Varus schlug 
die Warnung in den Wind; er rechnete auf Armins Dank für manche 
hohe Auszeichnung und brach auf. 
Ohne Ordnung, sorglos wie im Frieden und Freundesland, mar¬ 
schierten die Römer, die drei Legionen voneinander getrennt durch einen 
großen Troß, durch Fuhrwerk und Gepäck aller Art. Die Frauen, Mar¬ 
ketender, Krämer und Händler ans dem ausgelösten Sommerlager waren 
in der Mitte.' Sofort nach dem Abmarsch der Truppen erließ Armin 
das geheime Aufgebot an alle verschworenen Fürsten und Völkerschaften; 
auf seinen Befehl wurden überall die im Lande zerstreuten einzelnen 
Römer, die Einquartierten, die Posten, auch die Kolonisten an einem Tag 
überfallen und ermordet, er führte den ganzen Heerbann der Empörung 
in Rücken und Flanken des Varus; so groß war die brausende Flut des 
entfesselten Volkszornes, daß des Segestes Sohn, Segimund, der Priester 
am Altar der Ubier in Köln, die Priesterbinde zerriß und über den Rhein 
eilte, den Kampf zu teilen; ja Segestes selbst ward von der übereinstimmenden 
Begeisterung der Seinen gezwungen, widerwillig der Bewegung zu folgen. 
Die ersten Nachrichten von neuen Unruhen in seinem Rücken störten 
noch so wenig den Feldherrn in seiner Sicherheit, daß er durch Liktoren 
die angeschuldigten Fürsten vor sein Tribunal laden zu können glaubte. 
In dem „Teutoburger Wald" traf der konzentrische Angriff der 
Germanen von den dicht bewaldeten Höhen herab auf das im sumpfigen 
Thalgrund marschierende Heer. Deutlich lassen sich nach dem Bericht des 
Taeitus (Ann.II, 5—26) über den Zug des Germaniens i. 1.16 n. Chr. zwei, 
vielleicht drei Schlachttage, jedenfalls zwei Lager unterscheiden. 
An dem ersten Schlachttag war ein Lager geschlagen, noch streng 
nach den Grundsätzen römischer Kriegskunst, groß von Umfang, für jede 
der drei Legionen gesondert abgesteckt. Das Lager des zweiten Tages 
verriet deutlich schon durch seinen geringen Umfang, wie furchtbar bereits 
die Legionen zusammengeschmolzen, als sie sich hier noch einmal zu setzen 
versuchten; halb eingestürzt war der Lagerwall, der Lagergraben nur 
wenig ausgetieft. 
An diesem zweiten Schlachttag (10. Sept.) ward das Verderben 
der Römer begonnen, am dritten (11. Sept.) vollendet; Sturm und 
Platzregen machten den Widerstand und das Marschieren auf dem durch¬ 
weichten Boden fast ganz unmöglich für die neu ausgehobenen, noch wenig 
geübten Truppen: — die alten Legionen des Rheinheeres standen ja jetzt
	        
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