174 Mittelalter.
Leber u. s. w., von der Zahl und Stellung der Federn, der Art und
Weise ihres mannigfachen Fluges u. s. w. Es fehlt nichts, was irgend
zu einer vollkommenen Tierbeschreibung gehört, und die geistreiche Rück¬
sicht, welche dabei auf die vergleichende Zergliederungskunst genommen
wird, ist eine in jener Zeit noch weniger erwartete, des Kaisers echte
Sachkunde beweisende Erscheinung. — Gleiche Aufmerksamkeit dürfte ein
anderes, aber bisher vernachlässigtes Werk über die Natur und die Be¬
handlung der Pferde verdienen, welches der Stallmeister des Kaisers,
Jordanns Rufus, nach dessen umständlichen Weisungen zusammensetzte
uud in der weitern Anwendung überall trefflich und bewährt fand. Daß
der Kaiser mit Teilnahme mathematische Bücher las und darüber Gespräche
führte, wird auch ausdrücklich bezeugt.
Auch war er der erste, welcher, seine freundschaftlichen Verhältnisse
zu den morgeuländischen Herrschern benutzend, fremde Tiere behufs natur¬
geschichtlicher Zwecke kommen ließ und in eigenen Häusern und Gärten
unterhielt. Er besaß Elefanten, Kamele, Leoparden, Tiger, Löwen, Giraffen
n. bergt Dies mochte der befriedigten Neugier halber wohl allen ge¬
fallen, aber über einige andere naturgeschichtliche Versuche blieben Vor¬
würfe nicht aus. Er ließ zwei Hunde tüchtig füttern und daun den
einen laufen und den andern schlafen, um zu sehen, welcher am schnellsten
und besten verdaut habe; seine Gegner aber berichten, die Sache verdrehend,
der Versuch sei an Menschen gemacht und ihnen der Bauch aufgeschnitten
worden! Ferner sagte man dem Kaiser nach, er habe einige Kinder er¬
ziehen, aber nie in ihrer Gegenwart sprechen lassen, um zu erfahren, ob
und welche Sprache sie von selbst reden würden. Sie mußten sterben,
sagt der Erzähler, da man sie nicht mit Liedern einschläferte und eine solche
unmenschliche Stille unerträglich ist. — Nikola, ein Sicilianer, war so
gern im Wasser, daß ihm seine darüber zornige Mutter anwünschte, er
möge nur dort Vergnügen finden und auf dem Lande nicht mehr ans-
dauern können. Auch geschah dies in immer steigendem Maße, er erhielt
den Namen Fisch, und Kaiser Friedrich hörte von seinen Erzählungen über
die Meerestiefen. Um die Wahrheit derselben zu prüfen und noch mehr
zu erfahren, warf Friedrich vorn Leuchtturm in Messina einen silbernen
Becher hinab, und Nikola brachte ihn glücklich aus dem Meeresgrunde
zurück. Aber Felsspitzen, Korallenriffe, Strndel und Meerungeheuer
hatten ihn so erschreckt, daß er keinen zweiten Versuch wagen wollte,
bis der Reiz einer doppelten Belohnung die Furcht überwog. Allein
er wurde nicht wieder gesehen, und der dies erzählende Mönch fügt zornig
hinzu: solcher Neugierigkeiten, Abergläubigkeiten, Wißbegierigkeiten, Ver¬
kehrtheiten und Mißbräuchlichsten habe der Kaiser noch mehr gehabt.
Mit seiner Liebe zur Naturgeschichte hing seine Neigung zur Jagd ge¬
nau zusammen, ja diese wurde dadurch auf gewisse Weife veredelt. Er