Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

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Mittelalter. 
Die Seitenschiffe toerben, tote es schon in ben romanischen Kirchen 
Südfrankreichs üblich gewesen war, um ben nicht mehr halbrunden, 
sonbern Polygonen Chor als Umgang fortgeführt imb mit einem ganzen 
Kranze ebenfalls polygoner Kapellen umgeben. 
Der stolz aufsteigende Spitzbogen erhebt sich leicht auf ben Säulen 
unb Pfeilern bes gotischen Baues, bie, reich gegtiebert unb ausgekehlt, 
schlanken Baumstämmen gleichen. Währeub bie romanischen Pfeiler 
rechtwinkelig angelegt finb, haben bie gotischen meist eine runbe Grunb- 
form, an welche sich vier stärkere und ebeufoviele schwächere Halbsäulen 
(bie sogenannten alten unb jungen Dienste) als Träger be/Gewölbe¬ 
rippen lehnen. Noch wirksamer gestaltet sich ber Pfeiler, wenn fein 
Schaft zwischen ben Diensten eine Aus¬ 
kehlung erhält. Die Basis oder ber 
Sockel der Pfeiler gestaltet sich Poly¬ 
gon in zwei Abteilungen, die durch 
feine, an die attische Basis erinnernde 
Glieder miteinander verknüpft werden. 
Die Knäufe (Kapitale) find von zier¬ 
lichem Blätterwerk umwunden, welches 
zum erstenmale die Nachahmung der 
natürlichen Pflanzenwelt, der Eicheln, 
Disteln, des Ephens, des Weinlaubes 
u. s. w. aufnimmt. Über den Kapita¬ 
len laufen die Säulen in strahlen¬ 
förmig auseinandergehende Gurten 
und Rippen aus, die dem kühnen Bau 
den lebendigen Einbruck eines Wal- 
bes geben. Die schwere tote Masse 
bes Steines ist überwunden mit ben 
schlanken Pfeilern, mit den hohen, die ganze Wandflüche füllenden Fenstern, 
welche dem Innern eine bis dahin unerreichte Lichtwirkung zuführen. 
Die weiten, prächtigen Fensteröffnungen in den mannigfaltigsten Formen 
ihres Maßwerkes, ihrer Drei-, Vier-, Fünf-, Sechspäffe u. s. w., die 
sich aus den kräftig profilierten, vertikal aufsteigenden Pfosten ent¬ 
wickeln, find ausgefüllt mit leuchtenden Glasgemälden, sie sind ein 
Glanzpunkt bes gotischen Stiles. Unter ben Fenstern wirb bie Wanb 
des Mittelschiffes oft bitrch Galerieen auf ©änlichen, sogenannte Trifo- 
rien, völlig burchbrochen, bie bann bisweilen ebenfalls als Fenster 
behanbelt werben, sobaß bie Mauerflächen fast gänzlich ausgelöst er¬ 
scheinen. (Vgl. S. 190.) 
Nach außen stützt ein System von kräftigen, ans ber Mauerfläche 
vortretenben Strebepfeilern, bie durch kühn gespannte Strebebogen 
srrtt, 
Gotischer Bündelpfeiler mit 4 alten u. 4 jungen 
Diensten. (Dreiviertelsäulen). Vom Kölner 
Dom.
	        
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