Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

Jäger: Der Frankenkömg Chlodwig. 29 
reitet wurde, war mit weißen Vorhängen geschmückt, mit Kerzen erleuchtet, 
„der ganze Tempel", so schildert Gregor mit Begeisterung den weltgeschicht¬ 
lichen Akt, der hier geschah, „wurde von einem himmlischen Wohlgeruche 
erfüllt, und solche Gnaden ließ Gott denen zu teil werden, die damals 
gegenwärtig waren, daß sie meinten, sie seien in die Wohlgerüche des 
Paradieses versetzt." Es war in der That ein großer Entschluß und 
ein schwerer Schritt. „Beuge Dein Haupt, stolzer Sigamber", redete der 
Bischof den König an, „verehre, was Du verfolgt, verfolge, was Du 
verehrt hast." Die Nachricht von diesem Übertritt erregte in der ganzen 
romanischen Welt große Freude, und die athauasianischen Bischöfe des 
von Chlodwig beherrschten Teiles von Gallien schlossen sich mit Eifer 
ihren neuen Glaubensgenossen an. 
Die Unterwerfung der Burgunder gelang Chlodwig jedoch nicht; 
Gundobald, der Mörder von Chrotegildes Eltern, behauptete sich. Den 
Kampf gegen die Westgoten, den Chlodwig im Jahre 507 aufnahm, be¬ 
zeichnete er selbst als einen Religionskrieg: „es verdrießt mich sehr", läßt 
Gregor ihn sagen, „daß diese Arianer einen Teil von Gallien besitzen: 
auf, mit Gottes Hilfe, wir wollen sie überwältigen und ihr Land an uns 
bringen." Die Schlacht, welche über den Besitz von Gallien entschied, 
geschah bei Vongls, einige Meilen von Poitiers. Die Goten und ihr 
König Alarich II. fochten tapfer, aber es scheint, daß Chlodwigs Truppen 
einige von den Vorzügen längeren Dienstes besaßen und die Überlegenheit 
eines stehenden Heeres entfalteten: die gotische Streitmacht erlag. Alarich 
selbst fiel im Kampfe oder auf der Flucht, und Chlodwig eroberte das 
Land bis zur Garonne. Den Rest der gotischen Besitzungen in Gallien 
und ihre Herrschaft in Spanien rettete Theoberich, der sich vergeblich 
bemüht hatte, ben Krieg zwischen ben Königen, bie beibe seine Ver- 
wanbten waren, zu Hinbern, für ben unmünbigen Sohn bes gefallenen 
Königs Amalartch. 
Um btefe Zeit erhielt Chlobwig auch, erbeten ober nicht erbeten, von 
Konstantinopel ben Titel eines Patricins unb eines Prokonsuls. Der 
Titel erleichterte in jebem Falle bie Verschmelzung ber Bevölkerungen 
unb machte es bem König leicht, in seiner nächsten Umgebung unter seinen 
Großen bas eine Element burch das anbere in Schach zu halten. An 
seinem Hoflager, bas er jetzt zu Lutetia (Paris) aufschlug, welches, seine 
Lage selbst zum Mittelpunkt unb Herrschersitz von Gallien bestimmt zu 
haben scheint, befanden sich, auch abgesehen von den Bischöfen, vornehme 
Romanen neben den fränkischen Dienstmannen. 
Das letzte, was ihm gelang, war die Vereinigung der ripuarifchen 
Franken mit den salischen. Die kleineren fränkischen Herrschaften im 
salischen Gebiet hatte er unterbrückt unb List unb Grausamkeit babei nicht 
gespart. Den ripuarischen König Sigebert beseitigte er, inbem er besfeu
	        
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