Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

Müller: Karl der Große. 61 
Beute zu bergen pflegten. Es war von da ab mit der Macht, bald auch 
mit dem Bestehen dieses Volkes zu Ende. Karl entriß ihnen das Land 
von der Euns bis zur Raab und schuf daraus die avarische Mark. Sie 
wurde mit bayrischen Kolonisten besetzt und in kirchlicher Beziehung dem 
Erzbistum Salzburg untergeordnet. In ihr liegen die ersten Keime des 
österreichischen Staates. 
Als die sächsische Eroberung für gesichert angesehen werden konnte, 
griffen Karls Pläne noch weiter. Das Land von der Elbe, Saale und 
dem Böhmerwald gegen Morgen, welches einst Deutsche bewohnt hatten, 
war nach dem Abzüge derselben während der Völkerwanderung von Sla¬ 
ven oder, wie sie die Deutschen nannten, von Wenden eingenommen. Diese 
waren noch heidnisch und in viele Völkerschaften geteilt. Im heutigen 
Mecklenburgischen wohnten dieObotriten, im Brandenburgischen die Milzen, 
östlich von der Saale die Sorben und im heutigen Böhmen, wie noch 
jetzt, die Tschechen. Auch diese Völker hat Karl der Große versucht- in 
den Kirchen- und Reichsverband hinzuzufügen und hat damit ein Werk 
begonnen, das, wenn auch erst Jahrhunderte später, von der deutscheu 
Nation vollendet worden ist; denn nach und nach sind hier die alten 
Grenzen bis zur Oder nnd Weichsel hin von uns wieder gewonnnen 
worden. Karl war früher mit den Obotriten gegen die Sachsen, dann 
gegen die Milzen verbündet. Gegen die letzteren machte er im Jahre 789 
einen Feldzug, bis sie Unterwerfung gelobten. Auch Sorben und Böhmen 
traten in eine Art Abhängigkeit. Karl gründete gegen diese Slaven seine 
Grenzmarken und legte Burgen an; so Halle an der Saale, und an der 
Elbe Magdeburg und Büchen, wofür spater Hamburg gewählt wurde. 
Auf die sächsische Mark aber weisen die ersten Anfänge des branden- 
bnrgifch-preußischen Staates zurück. 
Karls Reich begrenzte im Norden die Eider, im Osten die Elbe und 
Raab, im Süden der Garigliano und Ebro. Es umschloß alle ger¬ 
manischen Stämme außer den Angelsachsen und den noch heidnischen 
skandinavischen Völkern, den Nordmannen. Dieser ganzen gewaltigen 
Macht gab Karl eine feste Gestaltung und Ordnung. Er verschmolz die 
verschiedenartigen Bestandteile zu einer Einheit, er schuf das Reich, welches 
die Geschichte kennt als das große Karolinger- oder Frankenreich. 
Der Höhe, die Karl der Große eingenommen, fehlte noch der entsprechende 
Name; er ward gefunden, als er die Kaiserkrone empfing. Es war der 
Papsi, der sie ihm aussetzte und der sie mit dem Segen der Kirche weihte. 
Als Karl 799 in Paderborn verweilte, kam zu ihm Papst Leo III., 
der in Rom von den Verwandten seines Vorgängers bei einer Prozession 
schwer mißhandelt worden unb mit genauer Not entwichen war. Karl 
ließ ihn zurückführen, kam dann selbst mit einem Heere nach Rom und 
setzte ihn wieder ein, nachdem Leo in der vorgenommenen Untersuchung
	        
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