166 Das Zeitalter des Absolutismus 1648 — 1786,
heet, sondern ein Heer von Berufssoldaten; die Soldaten wurden nicht aus-
gehoben, sondern geworben. Es zählte beim Tode des Kurfürsten fast
30 000 Mann und war, was bei den Truppen des dreißigjährigen Krieges
noch nicht der Fall war, einheitlich gekleidet; die Infanterie trug blaue
Uniform. Die Reiterei befehligte der Generalfeldmarschall von Derff-
lin g er, die Artillerie erhielt ihre Ausbildung durch den Generalfeldmarschall
vonSparr. Das eigentliche Vorbild für Heereseinrichtungen war damals
das französische, woran noch heute die vielen französischen Worte der Heeres¬
sprache erinnern (Bajonette, Grenadiere, Dragoner, Saftionen, Forts).
§ 169. Die Fürsorge des Kurfürsten für die Volkswirtschaft. Allent¬
halben in Deutschland war es nach dem großen Kriege erste Aufgabe der
Landesherren, die Spuren der langen Leidenszeit zn tilgen, Trümmer hinweg-
zuräumen und die Arbeit der Kultur aufs neue zu beginnen. In den be¬
sonders verödeten Strichen des Südwestens mußte man viele Einwanderer
Karl heranziehen, um Dörfer und Städte zu bevölkern. Besonders tätig war hier-
SÄ&ei Karl Ludwig von der Pfalz, der für den oberrheinischen Handel
6 namentlich Mannheim neu gründete, wo er auch unbedingte kirchliche
Freiheit gewährte, und der Universität Heidelberg neuen Glanz verlieh. Die
Maßnahmen für die Neufchöpfung der Volkswohlfahrt find überall ähnliche,
nirgend haben sie soviel dauernde Erfolge wie in Brandenburg gehabt.
Landwirt- Der Kurfürst hatte zunächst die Landwirtschaft bei seinem Re-
gierungsantritt in einer traurigen Lage vorgefunden. So berief er denn
fremde Kolonisten ins Land, besonders Holländer; diese brachten ihre
Kenntnisse in der Viehzucht, der Milchwirtschaft und der Kunst des Garten-
baus, die sich in Holland seit alters einer hohen Blüte erfreuten, in die neue
Heimat mit. Der Kurfürst selbst hatte Vorliebe für die Obstzucht und suchte
sie zu befördern. Man hat in dieser Zeit die ersten Kartoffeln gepflanzt.
Auch Tabak ist damals zuerst angebaut worden, wie in der Pfalz, fo auch
in der Mark.
Gewerbe. Auch das Gewerbe suchte der Kurfürst dadurch zu heben, daß er
fremde Arbeiter und Gewerbetreibende ins Land rief; besonders die Ein-
Wanderung der R6fugi6s brachte großen Nutzen. Ferner legte er selbst
Fabriken an, z. B. Glashütten und Eisenwerke, oder unterstützte solche,
welche Fabriken anlegten, durch Geldzuschüsse oder Gewährung von Vorteilen.
Zugleich aber verbot er, wie das damals in den meisten Staaten Europas
Anfuhr- Brauch war, die Einfuhr einer ganzen Reihe von fremden Erzeugnissen,
um feine Untertanen zu nötigen, einheimische Waren zu kaufen und fo die
Industrie der Heimat zu unterstützen; oder wenn er die fremden Waren nicht