6. Das lothringische Stufenland. 99
Der Reichtum au den mannigfachen Bodenerzeugnissen, wie ihn das
Lothringer Stufenland aufweist, ist begründet in der Bodengestalt uud in
der Bodeubeschafseuheit der Landschaft. Der Boden baut sich östlich der
Mosel aus denselben Gesteinsarten auf, die wir im Thüringer Hügellande
und im schwäbisch - fränkischen Stufenlande gefunden haben, also aus den
Triasschichten. Der westliche Teil Lothringens besteht dagegen aus
Jurakalk. Der Kalkstein des Triasbodens (Muschelkalk) und der Kalkstein
der Jurastufe eignen sich vortrefflich zum Weinbau; denn der Kalk saugt die
Sonnenstrahlen in großer Menge auf und wird sehr leicht und schnell
erwärmt. Dazu kommt, daß das lothringische Stufenland anch ein mildes
Klima aufweist: denn einmal ist es nicht sehr hoch gelegen, und zum andern
wird die Landschaft durch die hohen Waldgebirge im Osten und Norden vor
dem Eindringen der rauhen Ost- und Nordwinde geschützt. Die Thäler
sind sehr tief eingeschnitten uud die steilen Thalränder sehr sonnig. So
können hier außer Weinrebe auch alle edlen Obstsorten trefflich gedeihen und
reichen Ertrag liefern.
Der Gesteinsbau der Landschaft ist auch dem Ackerbau sehr günstig.
Besonders fruchtbar ist das Gebiet des Juras, das sich aus der linken
Moselseite hinzieht; aber auch der Triasboden im Osten der Landschaft
liefert eine nährkräftige Ackerkrume. Darum steht der Ackerbau nicht nur im
Moselgebiet, sondern auch im Saargebiet auf hoher Stufe.
Daß mit dem Ackerbau in Lothringen die Pferdezucht in so großem
Umfange betrieben wird, ist ebenfalls in den herrschenden Verhältnissen be-
gründet. Die Bearbeitung des Bodens ist nämlich mit großen Schwierig-
keiten verknüpft; denn der Boden enthält sehr viel thonige Bestandteile und
wird dadurch sehr schwer. Die Landwirte sind sehr oft genötigt 4—6 Pferde vor
einen Pflug zu spannen, um den schweren Boden, der infolge seiner thonigen
Beschaffenheit sich immer sehr feucht hält, zu bearbeiten. Um nun jederzeit
genügend und billige Zugpferde für den landwirtschaftlichen Betrieb zur
Verfügung zu haben, widmet man in Lothringen der Pferdezucht große
Sorgfalt.
Neben der Landwirtschaft steht in Lothringen auch die Industrie in
hoher Blüte. Sie wurde hervorgerufen durch die reichen Bodenschätze, welche
im Erdinnern verborgen liegen. Besonders reich ist das Lothringer Stufen-
land an Steinkohlen. Die großen Steinkohlenlager Lothringens finden sich
im Gebiet der mittleren Saar. Mittelpunkt des großen Steinkohlenbezirks
ist die Stadt Saarbrücken. Wie groß der Steinkohlenreichtum Lothringens
ist, geht daraus hervor, daß sich im Saargebiet gegen 200 Kohlenflöze
finden, die zusammen eine Mächtigkeit von 130 m haben. (Wir müßten
also unseren Bartholomäikirchturm dreimal übereinander stellen, um die
Stärke der dort lagernden Kohlenschichten zu erhalten.) Aus den zahlreichen
Kohlenschächten werden jährlich 7 Millionen Tonnen zu Tage gefördert.
Um diese Kohlenmassen sortznschaffen, würden 35 000 Eisenbahnzüge mit je
40 Lowrys nötig sein. Der Kohlenreichtum der Landschaft hängt mit
dem Gestrnisbau; derselben zusammen. Die Trias- und Juraschichteu des
lothringischen Stufeulaudes werden an der mittleren Saar durch das Stein-
kohlengebirge unterbrochen, das sich zwischen beide einschiebt.