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hatte nämlich seine Tochter dem Arminius wieder entrissen und in seine
Burg geführt. Weil er nun fürchtete, von seinem Schwiegersöhne über¬
mannt zu werden, ries er sogar ein römisches Heer herbei, und der Krieg
zwischen den Römern und Deutschen entbrannte von neuem. Anfangs
konnte der römische Feldherr Germanicus, der Neffe des Kaisers Tiberius,
nichts ausrichten, endlich aber besiegte er den Arminius in der Schlacht
aus Jdistavisus, einer großen Wiese an der Weser (16. n. Chr. Geb.).
Dennoch verließ er Deutschland wieder, denn trotz seines Sieges fürchtete er
die Deutschen. Was den Arminius über alles schmerzte, war, daß auch
seine Gemahlin in römische Gefangenschaft geraten war und vom Germa¬
nicus mit im Triumphe aufgeführt ward. Später hat Arminius noch
schwere Kämpfe mit dem Könige der Marcomannen (in Böhmen) zu be¬
stehen gehabt. Der Name desselben war Marbod. Von Arminius be¬
siegt und von den Seinigen verlassen, floh Marbod später nach Italien.
Arminius selbst soll von seinen eigenen Verwandten vergiftet worden sein,
weil man ihm schuld gab, er strebe nach der Oberherrschaft. Noch lange
aber ward er als Held in Liedern von den Deutschen gefeiert, und auch
seine Feinde, die Römer, erkannten an, daß er ein großer Mann und un¬
zweifelhaft der Befreier Germaniens gewesen sei.
II. Gründung des fränkischen Reiches.
Völlerbündniffe der Deutschen. § 6. Es ist schon gesagt worden, daß
später sich die kleineren deutschen Völkerstämme zu Bündnissen vereinigten, so
daß aus diesen große Volksstämme entstanden. Das geschah etwa 200 Jahre
nach Arminius. Die Deutschen wurden nun dem Bestände des römischen
Reiches noch viel gefährlicher als früher, da die neuen Volksstämme, weil sie
größer als die früheren waren, mit größerer Macht aufzutreten vermochten.
Die hauptsächlichsten dieser großen deutschen Völkerstämme waren folgende:
1) die Sachsen im ganzen Nordwesten von Deutschland, zwischen Rhein
und Elbe; 2) die Franken, am Main und am Mittel- und Nieder¬
rhein; 3) die Allamannen, später Schwaben genannt, in Südwest-
deutschland; 4) die Bajuvarier, später Bayern genannt, im heutigen
Bayern; 5) die Hermunduren, später Thüringer genannt, in Mittel¬
deutschland; 6) die Goten, anfangs an der Weichselmündung, später
in Ungarn und nördlich des schwarzen Meeres, wo sie sich in Ost- und
Westgoten teilten; 7) die Burgunder, anfangs zwischen Oder und
Weichsel, später am Karpathengebirge. — Mit den Wohnsitzen der meisten
dieser Völker ging aber nach und nach eine große Veränderung vor sich;
dies geschah infolge der sogenannten Völkerwanderung.
Die Völkerwanderung. Um das Jahr 374 n. Chr. Geb. erschien im
Osten Europas ein rohes, wildes Volk, die Hunnen. Dasselbe vertrieb
die Gothen aus dem jetzigen Ungarn und setzte sich selbst in diesem Lande
fest, ja im folgenden Jahrhundert wurden die Hunnen unter ihrem Könige
Attila so mächtig, daß sie fast alle deutschen Völker unterjochten und mit
Heeresmacht gegen das weströmische Reich heranzogen. Sie überschritten
den Rhein, wurden aber auf den catalaunischen Ebenen (bei dem
heutigen Chalons an der Marne im heutigen Frankreich) von den Römern
und Westgoten besiegt (461 n. Chr. Geb.); auch ein Einsall in Italien, das
Jahr daraus, blieb ohne Erfolg. Nach Attilas Tode zerfiel sein großes
Reich wieder. — Als also dieses Volk im Jahre 374 in Europa einbrach