294 D. Aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
die Schlacht. Gegen die tod- und verderbensprühenden Feuerschlünde
schien weiteres Vordringen unmöglich. Bald machte sich auch die Über¬
zahl des Feindes geltend. Er suchte die verlorenen Ortschaften wieder¬
zugewinnen. Schwer bedrängt ward besonders der linke Flügel.
Gegen diesen gingen österreichische Generäle vor, ohne vom Oberbefehls¬
haber ermächtigt zu sein. Aber General von Fransecky hielt sich mit
heldenmütiger Ausdauer stundenlang gegen eine mehrfache Übermacht.
Wie einst Wellington bei Waterloo Blücher herbeisehnte, so schaute König
Wilhelm mit seinen Generälen nach der Armee des Kronprinzen aus.
Dieser hatte seine Befehle erst gegen Morgen erhalten. Das ungünstige
Wetter und die schlechten Wege hatten seinen Marsch verzögert. Erst
gegen Mittag waren seine Vortruppen am Feinde. Sie stießen auf
dessen rechten Flügel, der durch das eigenmächtige Vorgehen der Unter¬
führer gegen Fransecky bereits geschwächt war. Schnell drang die
schlesische Armee vor. Eine Gardedivision unter dem General Hiller
von Gärtringen nahm Chlum mit Sturm. Vergebens sandte Benedek
neue Scharen, um diesen wichtigen Punkt zurückzugewinnen. Die Garde
wich und wankte nicht, wenngleich ihr Führer den Heldentod fand.
Noch ein allgemeiner Vorstoß der Preußen erfolgte, und die Österreicher,
in der Front und in den Flanken zurückgedrängt und im Rücken be¬
droht, wandten sich gegen 6 Uhr zur Flucht.
König Wilhelm hatte sich während des Kampfes keiner Gefahr
entzogen, so daß Bismarck ihn beschwor, sein teures Leben derselben
weniger auszusetzen. Seine menschenfreundliche Gesinnung zeigte sich
nach errungenem Siege dadurch, daß er das Geschützfeuer auf die
Fliehenden einzustellen befahl. Der Sieg der Preußen war auch so ein
vollständiger. Sie verdankten ihn bei der gleichen Stärke der beiden
Parteien — sie betrug jederseits 220 000 Mann — der besseren Führung
und der überlegenen Feuerwaffe der Infanterie, dem Zündnadelgewehr.
Benedek rettete die Trümmer seines Heeres nach Olmütz. Dorthin
folgte ihm die schlesische Armee. Die beiden anderen Heere gingen
geradeswegs auf Wien los.
6) Nikolsburg. Auf die Kunde von der Königgrätzer Niederlage
trat Kaiser Franz Joseph, trotzdem seine Truppen in Italien siegreich
gekämpft hatten, sofort Venetien an den Kaiser Napoleon ab, damit
dieser es dem Könige Viktor Emanuel anbiete. In seiner Erwartung,
hierdurch den sofortigen Friedensschluß mit Italien herbeiführen zu
können, sah er sich jedoch getäuscht. Viktor Emanuel wollte, getreu den
Bestimmungen des Bundesvertrages, nur zugleich mit Preußen Frieden
schließen. Daher konnte der Erzherzog Albrecht nur mit einem Teile
der Südarmee zur Rettung Wiens herbeieilen. Dahin berief er auch
die seinem Oberbefehl jetzt unterstellte Nordarmee. Dieselbe fand das
untere Marchthal bereits von den Preußen besetzt. Deshalb ging sie
über die kleinen Karpaten und suchte über Preßburg ihr Ziel zu erreichen.
Um den Besitz der genannten Stadt entspann sich am 22. Juli ein
Gefecht bei Blumenau. Schon neigte sich der Sieg auf die Seite der