B. In der Heimat.
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5trohgiebel, Vasaltmauern und die Kopftücher angehen- wo man
die Kartoffeln mit dem Greift aushebt- wo die Glocken klingen:
.Geschälte Ganze, geschälte Ganze l'1); wo das weißköpfige Rind auf¬
tritt- wo sich die Säue um den Sonnenschein beißen." Nber kommt
man nun hierher, so zeigt man wieder nach Norden: „Hinter Neun¬
kirchen am Hexenstich, hinter Rennerod am Hexenbäumchen, über der
Tmmerichenhainer Brücke geht der Westerwald an." In weilburg
sagt man: „Hinter Rlehrenberg, wo die Urles, d. h. die steinigen
Viehweiden, angehen, da fängt der Westerwald an." Dagegen be¬
hauptet das Sprichwort, von der weilburger Brücke könne man eine
Kuh, am Schwanz gefaßt, auf den Westerwald schleudern- danach
wäre also der Westerwald viel näher. Diese Scheu, Westerwälder
Zu heißen, lernt man verstehen, wenn man erfährt, daß es hier
eine Zeit der Not gab, in der Westerwälder, Nlmosen heischend,
die umliegenden Landschaften heimsuchten und der Name Wester¬
wälder gleichbedeutend mit dem eines Bettlers war.
2. wer auf den Westerwald wandert und den in der Nähe des
Dorfes Tmmerichenhain liegenden, 664 m hohen „Salzburger Kopf'
besteigt, überschaut das Gebirge in seiner ganzen Nusdehnung bis zu
dem am Horizonte aufsteigenden, vielgipfeligen Seitengebirge. Links
davon lugen in blauer Ferne über dem Rlontabaurer Wald die
Höhen der (Eifel hervor. In der entgegengesetzten Richtung sehen
wir die Berge des Hinterlandes. Im Südosten kommt hinter den
vorbergen des Westerwaldes in der Ferne der ganze Zug des Taunus
zum Vorschein. Nach Norden, nach dem Siegerland zu, ist uns von
dem nördlichsten Höhenzug des Westerwaldes die Nussicht verdeckt.
Der ganze Westerwald erscheint uns deutlich als eine Platte, die
sich gleichmäßig nach Westen bis zu den jäh aufragenden sieben
Bergen senkt. Nuf dieser Platte ist dann der hohe Westerwald als
Hochplatte aufgelagert.
3. Vas ist also das verrufene Land, ein Stück Sibirien mitten
in Deutschland, das Land des Schnees, des Nebels und der Stürme.
In der Tat, die Unwetter spielen hier oben keine geringe Rolle
während eines beträchtliche^. Teiles des Jahres. Nber der Wester¬
wälder läßt die Umwohner spotten: „Das ist der Westerwald: drei
viertel Jahr Winter und ein viertel Jahr kalt-" je mehr es draußen
jaigt2), d. h. der Sturm den Schnee über die Höhen peitscht, um so
wohler fühlt er sich unter dem dicken, langen Westerwälder Stroh¬
dach, das sein Haus schützt und warmhält. Schnee und Sturm sind
dem Westerwälder etwas Selbstverständliches, und darum wartet er
im Frühjahr getrost und geduldig Woche um Woche und Nlonat um
Wonat, bis es endlich auch für ihn Frühling wird.
4. Je höher man hinaufkommt auf den Westerwald, desto seltener
werden Burgen oder Überbleibsel, die an vergangene Zeiten er-
') Mt den Schalen gekochte und dann geschälte Kartoffeln.
Jagt. Überrest der Sage vom Wilden Jäger, jphilippi.)