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der Normandie. Von hier aus setzte der tapfere Herzog Wilhelm 1066
über den Kanal und unterwarf sich durch den entscheidenden Sieg bei
Hastings das angelsächsische Reich.
Kurz vor diesem Siege hatten sich die Normannen auch m Unter-
Italien und auf der Insel Sicilien festgesetzt. Unter Robert Guiscard
gewannen sie die Herrschaft über ganz Unter-Jtalien; feine Nachkommen
nahmen den Königstitel an und gründeten das Königreich Neapel und
Sicilien. —
Im Osten verloren die Deutschen nicht nur die den Wenden ent-
rissenen Gebiete, sondern sie wurden jetzt sogar oft von diesem räuberischen
Volke heimgesucht und zeitweilig bis über die Elbe zurückgedrängt. Erst
unter den kräftigen sächsischen Kaisern wurden sie bestraft und unterworfen.
Ein noch gefährlicherer Feind drang von Südosten in Deutschland
ein, einige Male bis nach Bremen und an den Rhein, alles vor sich her
verwüstend, die Ungarn oder Magyaren. Sie waren ein Nomadenvolk
von finnischer Abkunft. Vormals hatten sie ihre Wohnsitze am Ural-
qebirge gehabt; von hier verdrängt, setzten sie sich in dem heutigen
Ungarn fest. Durch ihre steten Raubzüge setzten sie die westlichen und
südlichen Länder Europas in Furcht und Schrecken.
Die Ungarn waren ein ebenso gewandtes Reitervolk wie früher
die Hunnen; da sie auch in allen Lebensgewohnheiten den letzteren
glichen, bezeichnete man sie oftmals geradeswegs als Hunnen. Im An-
griff waren sie kühn und listig; sie drangen plötzlich in großen Schwär-
men gegen den Feind vor, überschütteten ihn mit Pfeilen und wandten
sich schnell zur Flucht, um gleich darnach aufs neue aus einem Hinter-
halte hervorzubrechen. „Grausam waren sie im Kampfe, schonungslos
im Benutzen des Sieges. Sie kannten kein Erbarmen: wer sich ihnen
entgegenstellte, wurde erschlagen. Es soll unter ihnen der Glaube ge-
herrscht haben, daß die, welche auf Erden ihrem Schwerte, erlegen feiert,
ihnen einst nach dem Tode als Knechte dienen müßten; deshalb Vernich-
teten sie erbarmungslos ihre Gegner, und wohin sie ihre Rosse ^ukten,
machten sie den Boden zur traurigsten Einöde." (S. Scheffels „Ekke-
hardt"!)
2. König Konrad I. von Franken (911—918).
a) Wahl.
Als das Geschlecht der Karolinger im Jahre 911 erloschen war,
wählten die Großen des Reiches den tapferen Herzog der Frankem Kon-
rad I, zu ihrem Könige. Hinfort blieb Deutschland ein Wahlreich,
d. h. nach dem Tode des Königs traten die Freien, später nur die
Großen des Reiches, und die Bischöfe zusammen und wählten ein neues
Reichsoberhaupt. Lange Zeit erkor man zwar meistens den Sohn des
verstorbenen Königs; oft hatte letzterer auch wohl schon semen Sohn bei
seinen Lebzeiten von den Fürsten zum Nachfolger wählen lassen Bis
zum Interregnum war Deutschland halb ein Wahl-, halb ein Erbreich.
Von der Wahl Konrads I. berichtet Widukind von Corvey: „Wie
ein Volk, wie Brüder standen die Deutschen bei der Wahl zusammen;