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Schnittpunkte die beiden Pole. Fünf andere Kreise legte er um jene
rechtwinklig herum; man nennt sie Parallelkreise. Der Halbkreis
von Pol zu Pol wurde in 30 Abschnitte geteilt. . . . Vom Pole
bis zum ersten Polarkreise zählte er 6 Abschnitte, von da bis zum
andern 5, von da bis zum dritten 4, vom dritten bis zum vierten
wieder 4, vom vierten bis zum fünften 5, vom fünften Kreise bis
zum andern Pole 6 Abschnitte. Durch diese Kreise legte er in
schräger Stellung den Kreis, welchen die Gelehrten. . . zoe . . .
nennen, weil die Sternbilder, welche er enthält, die Gestalten
lebender Geschöpfe zeigen. Innerhalb dieses schrägen Kreises brachte
er mit bewundernswerter Kunst die Bahnen der Planeten an. Seinen
Schülern aber erklärte er mit vieler Gründlichkeit die Absiden
dieser Sterne und die Höhe, in welcher sie von einander abstehen. . .
Außerdem verfertigte er noch eine andere Armillarsphäre..., an
deren Oberfläche er die Abbildungen der Gestirngruppen aus eisernen
und ehernen Drähten anbrachte. Als Achse zog er eine Röhre quer
durch die Kugel, durch welche man den Himmelspol aufsuchen konnte,
um so das Gerüst in eine dem Himmelsgewölbe entsprechende Lage
zu bringen. Dadurch wurde bewirkt, daß die Sterne der einzelnen
Sternbilder jedesmal von einem der Sternbilder dieser Kugel ein¬
geschlossen erschienen. Dabei war das wahrhaft göttlich, daß selbst
ein Unkundiger, sobald ihm ein Sternbild gezeigt wurde, imstande
war, alle andern ohne Hülse des Lehrers vermittels dieser Kugel
aufzufinden Auf den Unterricht in der Geometrie verwendete er
nicht geringen Fleiß. Zur Einführung in dieselbe stellte er nach
der Weise der Schildmacher einen Abakus, d. i. eine Tafel, her,
welche sich zur Einteilung in verschiedene Fächer eignete. Diese teilte
er der Länge nach in 27 Felder und wies diesen 9 Zeichen zu, mit
denen alle möglichen Zahlen ausgedrückt werden können. Dann
verfertigte er 1000 Figuren aus Horn, welche dieselbe Gestalt wie
die Zeichen hatten, und mit denen er, indem er sie auf die 27 Felder
der Tafel bald hierhin, bald dorthin stellte, die Multiplikation oder
Division jeder Zahl vorführen konnte*). . . . Die Zahl seiner
Schüler wuchs von Tag zu Tage, und der Name des großen Lehrers
*) In einer Handschrift aus dem Ende deS 12. und Anfang de- 13. Jahrh.,
welche die Chronik Hugos von Regensburg enthält, sind zum ersten Male die
Jahreszahlen in arabischen Ziffern gegeben. Böhmer, Fontes III p. LXV.