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Brandenburg-Preußen.
Erster Titel. Von den Grundlagen der Kreisverfassung.
Erster Abschnitt. Von dem Umfange und der Begrenzung
der Kreise:
§ 1- Die Kreise i bleiben in ihrer gegenwärtigen Begrenzung
als Verwaltungsbezirke bestehen.
§ 2. Jeder ^reis bildet nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes
einen Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten
mit den Rechten einer Korporation.
§ 4. Städte, welche mit Ausschluß der aktiven Militärpersonen
eine Einwohnerzahl von mindestens 25000 Seelen haben und gegen¬
wärtig einem Landkreise angehören, sind befugt, für sich einen Kreis-
verband. Stadtkreis (§ 169), zu bilden und zu diesem Behufe aus
dem bisherigen Kreisverbande auszuscheiden . . .
Zweiter Abschnitt. Von den Kreisangehörigen, ihren Rechten
und Pflichten.
§ 7. Die Kreisangehörigen sind berechtigt:
1. zur Teilnahme an der Verwaltung und Vertretung des Kreises
nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes,
2. zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten
des Kreises.
§ 8. Die Kreisangehörigen sind verpflichtet, unbesoldete
Ämter in der Verwaltung und Vertretung des Kreises zu über¬
nehmen . . .
§§ 9-19 behandeln die Besteuerung der Kreisangehörigen, die „nach
dem Verhältnisse der bort den Kreisangehörigen zu entrichtenden Staats¬
steuern" „nur durch Zuschläge" erfolgen dürfe. An ihre Stelle ist seit 1906
das Kreis- und Provinzialabgabengesetz getreten mit folgenden Bestim¬
mungen:
§ 1- Die Kreise sind berechtigt, zur Deckung ihrer Ausgaben
nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Gebühren2 und Beiträge,3
indirekte4 und direkte5 Steuern zu erheben.
§ 8. Der Kreistag kann mittels Erlasses einer Steuerordnung
beschließen, daß die der Verteilung der direkten Kreissteuern auf Ge¬
meinden und Gutsbezirke zugrunde zu legende Grund- und Gebäude¬
steuer durch eine nach dem Maßstabe des Wertes zu veran¬
lagende Steuer vom Grundbesitz ersetzt wird. [Grimdwertfteuer.]
1 18.16 war das preußische Staatsgebiet neu in Kreise eingeteilt worden.
2 Für die Benutzung von Anlagen, Anstalten und Einrichtungen (§ 4)
also feine Verwaltungsgebühren!
3 »Für Herstellung und Unterhaltung von Veranstaltungen, welche durch
das öffentliche Interesse erfordert werden." (§ 5.)
4 Mit Ausnahme der Besteuerung des Verbrauches von Fleisch. Ge¬
treide, Mehl, Backwerk, Kartoffeln und Brennstoffen aller Art. § 14 des
Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893. (©. S. 1893, S. 153 s.)
6 »Nach festen und gleichmäßigen Grundsätzen" (§ 20 desselben Gesetzes).