unter denen das Opfer der Jphigenem hervor¬
ragte, auf welchem er den Agamemnon zum Aus-
drncke feiner großen Trauer mit verhülltem Antlitz
dargestellt hatte (s. Ipkigeneia), urtheilte das
Alterthum, daß sie mehr errathen ließen als sie
wirklich ausdrückten, nicht blos, weil sie nur
Ideales darstellten, sondern auch, weil so reiche
Motive in ihnen niedergelegt waren. — Dagegen
fand die Schule von Sikyon ihr Hauptverdienst
in wissenschaftlich strenger Durchführung unb tn
höchster Genauigkeit und Vollendung der Zeich¬
nung. Ihr Grünber war Enpompos von Si¬
kyon, ihr vorzüglichster Meister Pam ph ilo s (f. b.),
der zuerst seine Kunst methodisch und tmt theore¬
tischer Einsicht lehrte unb bas geometrische Stu¬
dium auf sie anwandte, dessen Schüler Melan-
thios wieder in der Anordnung der Gemälde
der vollendetste war und um das Kolorit sich
sehr verdient machte, auch zu den 4 Malern
(Apelles, Echion, Nikomachos) gezählt wird, die
5 nur 4 Farben gebrauchten. — In dem Zeitalter
Alexanders des' Großen wurde auch die Malerei
mit dem höchsten Reize und der vollsten Anmuth
ausgestattet, vornehmlich durch den Koer Apelles,
den Schüler jenes Pamphilos (356—308). Der¬
selbe vereinigte die Vorzüge beider Schulen und
bemühte sich, tiefer in das wahre Wesen der Ma¬
lerei einzudringen und seinen Werken ein reicheres
und mannigfaltigeres Leben einzuhauchen. Er
vereinigte bie Naturwahrheit mit ber schöpferischen
Kraft und gewann dadurch besonders die Gunst
Alexanders. A. selbst setzte seinen Hauptvorzug
in die Grazie, wie er denn überhaupt
mehr durch die höchste Vollenbung ber Form als
durch Idealität des Inhalts ausgezeichnet war.
In der Technik, sowol in der Zeichnung als in
der Farbenwahl und der effectvollen, unmuthigen
Behandlung, war er aber Meister. In dem Tem¬
pel der ephesischen Artemis zeigte man ein Bild
Alexanders, wie er den Blitz schlenberte, wobei
bie hervortretenbe Haub und ber wie außerhalb
ber Fläche erscheinenbe Blitz die größte Bewun¬
derung erweckten. Auch die Feldherren desselben
hatte er in den verschiedensten Stellungen und
Situationen, bald einzeln, bald in Gruppen, ge¬
malt. Zu den Meisterwerken seiner idealen Dar¬
stellung gehörte eine Artemis, von einem Chore
opfernder Jungfrauen umgeben, und die aus dem
Meer auftauchende Aphrodite (Anadyomene), ein
Meisterstück derjenigen Eigenschaft, in ber bas
ganze Alterthum ihm ben Preis zuerkennt, näm¬
lich ber Grazie; baffelbe zeigte sich in einem
zweiten Venusbilde unb in der Darstellung einer
der drei Grazien. Letzteres blieb in seinem un¬
teren Theile unvollendet, der Tob überraschte ihn
bei ber Arbeit, und kein Meister wagte es weiter
auszuführen. Ursprünglich stand es zu Kos im
Aphrodite-Tempel, von wo Augustus es nach Rom
bringen und im Tempel des vergötterten Cäsar
6 ausstellen ließ. — Mehr der sikyonischen Schule
augehörig waren Euphranor, dessen Ruhm in
der feineren Durchbildung der Heroen und Göt¬
tergestalten bestand, Echiou, von dessen Werken
bas Bilb einer Neuvermählten (vielleicht frei nach-
gebilbet in ber s. g. albobranbinischen Hochzeit im
vaticanischen Museum zu Rom) besonbers hervor¬
gehoben wird, und Pausias von Sikyon, der
die Felder der Zimmerdecken zuerst mit Malereien,
Maler. 693
zumeist mit Knabengestalten, auch Blumen ltttb
Arabesken geziert haben soll, womit auch seine
Meisterschaft in Blumenstücken (bie schöne Kranz-
winderm Glykera, mit ber er darin wetteiferte,
Plin. 35, 40.), fo wie bie an ihm gerühmte hö¬
here Ausübung ber enkanstischen Malerei zu¬
sammenhing. Um bieselbe Zeit (etwa 370—330)
blühte auch ber Thebauer Aristeides, vorzüglich
durch die Darstellung von Schlachten und Erobe¬
rungen und burch ben seelenvollen Ausdruck seiner
Gemälbe ausgezeichnet, wenn auch seine Farben¬
gebung minber gefällig war. Ein Gemälbe, das
den Kamps der Makedonier mit den Persern vor¬
stellte, umfaßte über 100 Figuren; fein Meister¬
stück war aber die Tranerfcene einer eroberten
Stadt und die Hauptgruppe barauf eine sterbenbe
Mutter, zu bereu Brust ein Kind kriecht, bas
aber von ihr abgewehrt wirb, bamit es nicht
Blut statt Milch trinke. — Noch größeren Ruhm
erlangte um bieselbe Zeit Protogeues aus
Kaunos in Karien, ber bis zu seinem 50. Lebens¬
jahre hin mit gemeiner Arbeit sich gegen bie
Armuth schützen mußte. Als ber eble Apelles
bies erjuhr unb ben Werth feiner Kunst erkannte,
kaufte er, um ihn vor ber Verkennung feiner
Mitbürger zu bewahren, bemfclben für eine ihm
offerirte bedeutende Summe einige Gemälde ab
und suchte den Verdacht zu erwecken, als wolle
er sie für feine eigenen ausgeben. Dies half dem
armen Mann einen Namen bei feinen Lands¬
leuten erwerben. An feinem berühmtesten Ge¬
mälde, dem Jalysos (s. d.), den er als Jäger,
mit einem keuchenden Hunde zur Seite, darstellte,
hatte et 7 oder gar 11 Jahre gearbeitet. Als
Demetrios Poliorketes Rhodos belagerte, konnte
er sich doch nicht zu einem Angriffe auf der Seite
entschließen, wo, wie er wußte, jenes Gemälde
sich besand, und verlor so den Sieg. Ja, er
schützte sogar den Künstler, der seine Werkstatt
außerhalb ber Mauern auf einem großer Gefahr
ausgesetzten Puncte hatte, burch eine ihm gesanbte
Wache, besuchte ihn auch selbst. Das Bilb staub
zu Plinius' Zeit im Friedenstempel in Rom, warb
aber schon zu Plutarchs Zeit vom Feuer zerstört.
Sein „ruhenber" Satyr, ben er an eine Läule
gestellt hatte, war unter bem Waffengeräusch jener
Belagerung gearbeitet unb galt gleichfalls für eins
seiner Meisterwerke. Bei Prot, ist, wie bei Apelles,
bas Hanptverbienst nicht fowol in bem geistigen
und poetischen Gehalte, als vielmehr in der voll¬
endeten künstlerischen Durchführung zu suchen, in
ber bie Illusion aus bie höchste Spitze getrieben
war; nur baß bei Apelles mehr ans ursprüng¬
licher Begabung hervorging, was Protogeues durch
bie größte Ausbauer unb ben sorgfältigsten Fleiß
zn erreichen bemüht war. Währenb ber Fleiß
unb bie Sorgfalt feiner Arbeiten vorzüglich ge¬
rühmt wirb, warb an feinem Zeitgenossen Niko¬
machos aus Theben am Enbe des 4. Jahrh. v. E,
Sohn und Schüler des Aristodemos, die Schiiel-
ligkeit bewundert bei nicht geringerer Kunst. Von
ihm standen im Minerventempel aus dem römi¬
schen Capitol ein Raub der Proserpina, eine
Siegesgöttin auf einem Viergespann, und in bem
Tempel des Friedens eine Skylla. Weiter werben
noch ber wegen Lebenbigkeit ber Phantasie be¬
wunderte Theon von Samos, zur Zeit ber ma-
kebonischen Könige Philipp unb Alexanber, bcr