Full text: Bis zum Zweiten Pariser Frieden (Teil 2)

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3. Und seine Glocken klangen 
So voll, so hell, so rein; 
Er goß auch Lieb' und Glauben 
Mit in die Form hinein. 
4. Doch aller Glocken Krone, 
Die er gegossen hat, 
Das ist die Sünderglocke 
Zu Breslau in der Stadt. 
5. Im Magdalenenturme 
Da hängt das Meisterstück, 
Rief schön manch starres Herze 
Zu seinem Gott zurück. 
6. Wie hat der gute Meister 
So treu das Werk bedacht! 
Wie hat er seine Hände 
Gerührt bei Tag und Nacht! 
7. Und als die Stunde kommen, 
Daß alles fertig war, — 
Die Form ist eingemauert, 
Die Speise gut und gar, — 
8. Da ruft er seinen Buben 
Zur Feuerwacht herein: 
Ich lass auf kurze Weile 
Beim Kessel dich aͤllein. 
9. Will mich mit einem Trunke 
Voch stärken zu dem Guß; 
Das giebt der zähen Speise 
Erst einen vollen Fluß. 
10. Doch hüte dich und rühre 
Den Hahn mir nimmer an! 
Sonst wär' es um dein Leben, 
Fürwitziger, gethan!“ 
11. Der Bube steht am Kessel, 
Schaut in die Glut hinein 
Das wogt und wallt und wirbelt 
Und will entfesselt sein, 
12. Und zischt ihm in die Ohren 
Und zuckt ihm durch den Sinn 
Und zieht an allen Fingern 
Ihn nach dem Hahne hin. 
13. Ex fühlt ihn in den Händen; 
Er hat ihn umgedreht. 
Da wird ihm angst und bange; 
Er weiß nicht, was er thät, 
14 Und läuft hinaus zum Meister, 
Die Schuld ihm zu gestehn 
Will seine Knie' umfassen 
Und ihn um Gnade flehn. 
15. Doch wie der nur vernommen 
Des Knaben erstes Wort, 
Da reißt die kluge Rechte 
Der jähe Zorn ihm fort. 
16. Er stößt sein scharfes Messer 
Dem Buben in die Brust; 
Dann stürzt er nach den Kessel, 
Sein selber nicht bewußt. 
17. Vielleicht, daß er noch retten, 
Den Strom noch hemmen kann 
Doch sieh, der Guß ist fertig 
Es fehlt kein Tropfen dram. 
18. Da eilt er abzuräumen 
Und sieht, und will's nicht sehn, 
Ganz ohne Fleck und Makel 
Die Glocke vor sich stehn. 
19. Der Knabe liegt am Boden; 
Er schaut sein Werk nicht mehr. 
Ach Meister, wilder Meisten 
Du stießest gar zu sehr! 
20. Er stellt sich dem Gerichte; 
Er klagt sich selber an. 
Es thut den Richtern wehe 
Wohl um den waͤckern Mann. 
21. Doch kann ihn keiner retten, 
Und Blut will wieder Blut; 
Er hört sein Todesurtel 
Mit ungebeugtem Mut. 
22. Und als der Tag gekommen, 
Daß man ihn führt hinaus, 
Da wird ihm angebolen 
Der letzte Gnadenschmaus. 
23. Ich dank euch,“ spricht der Meisten 
Ihr Herren lieb und wert, 
Doch eine andre Gnade 
Mein Herz von euch begehrt: 
24. Laßt mich nur einmal hören 
Der neuen Glocke Klang 
Ih hab' sie ja bereitet, 
Möcht' wissen, ob's gelang.“ 
25. Die Bitte ward gewähret; 
Sie schien den Herr'n gering. 
Die Glocke ward geläutet, 
Als er zum Tode ging. 
26. Der Meister hört sie klingen 
So voll, so hell, so rein. 
Die Augen gehn ihm über; 
Es muß vor Freude sein 
27. Und seine Blicke leuchten, 
Als wäüren sie verklärt; 
Er hat in ihrem Klange 
Wohl mehr als Klang gehört; 
28. Hat auch geneigt den Nacken 
Zum Streich voll Zudersicht, 
Und was der Tod versprochen, 
Das bricht das Leben nicht 
29. Das ist der Glocken Krone, 
Die er gegossen hat, 
Die Magdalenenglocke 
Zu Breslau in der Stadt. 
30. Die ward zur Sünderglocke 
Seit jenem Tag geweiht, 
Weiß nicht, obss anders worden 
Zu dieser neuen Zeit. Wilh. Müller.
	        
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