Full text: Karten und Skizzen aus der Entwicklung der größeren deutschen Staaten (Bd. 6)

Pfalz und Bayern 1650. 
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Pfalz -Simmern, 1559/1685. 
Während Bayern sich immer inniger mit der katholischen 
Kirche verband, ging die Pfalz immer stärker auf die Ent¬ 
faltung weltlicher Pracht und Macht hinaus. Kirchliche 
Interessen wurden dabei aber nicht vergessen und starre Ein¬ 
heit auch hier verlangt nach dem despotischen Grundsätze 
cuius regio, eius religio; zweimal wurde die lutherische und 
zweimal die calvinische Konfession eingeführt, und als dann 
später durch die Erbschaft des Hauses Simmern katholische 
Herrscher dauernd folgten (1685), fanden sich wenigstens 
für die Protestanten beider Glaubensformen wieder andere 
Ursachen der Bedrängnis. (1697 Ryswijker Klausel.) Es war 
demnach zu begreifen, dafs die regsamen Pfälzer in immer 
gröfserer Zahl die Heimat verliefsen. 
Die Entfaltung des Glanzes äufserte sich nicht blofs in 
prächtigen Festlichkeiten und Jagden, sondern auch noch recht 
sichtbar im Ausbau des Heidelberger Schlosses, dessen herr¬ 
licher Otto Heinrichs-Bau namentlich durch Friedrich IV. und 
Friedrich V. zu Ende geführt wurde. Auch für die humanisti¬ 
schen Bestrebungen der Universität tat Friedrich IY. 
(1583/1610) aufserordentlich viel. (Salmasius, Gruterus, Martin 
Freher.) Und selbst der grofsen Politik blieb er nicht fremd 
und stiftete als würdiger Schwiegersohn Wilhelms, des Be¬ 
freiers der Niederlande, in Ahausen die Union der Evan¬ 
gelischen. (1608) Es war dies die Antwort auf die Wegnahme 
Donauwörths durch seinen Vetter Maximilian von Bayern. 
Noch grofsartiger schien sein Sohn Friedrich V. 
(1610/1632) die gleiche Politik aufnehmen zu wollen. Er war 
ein Schwiegersohn Jakobs I. von England und schon deshalb 
zur Erringung einer glänzenderen Lebensstellung geneigt. Als 
er dann die böhmische Krone 1619 annahm, konnte man 
allerdings sagen, dafs die Pfalz nach Böhmen gehe. Der 
Schwerpunkt seiner Herrschaft lag ja jetzt in Prag. Aber 
die vielen Länder, die nun von der Oberpfalz bis zu den 
Karpathen und von der Donau bis an die Grenze Branden¬ 
burgs unten Einer Hut kamen, schienen auch grofs und stark 
genug zu sein, im Bunde mit der Union die schwache Macht 
der Habsburger vollständig zu zertrümmern und an ihre Stelle 
den protestantischen Zweig der Wittelsbacher zu setzen. 
Auch Bayern konnte sich damals von der Machtversohiebung 
bedroht fühlen. Der Erfolg war freilich ein ganz anderer. 
Friedrich V. verlor sogar seine Pfalz, und erst 1649 kam sein 
tatkräftiger Sohn Karl Ludwig (1649/80), der in England 
noch die Hinrichtung seines Oheims erlebte, von hier zurück 
in den Besitz der Heimat. An Stelle der alten erhielt er 
jetzt die achte Kurwürde; die Oberpfalz dagegen blieb bei 
Bayern und machte nun dieses erheblich gröfser, wie ander¬ 
seits die Rheinpfalz um dasselbe Gebiet kleiner wurde. 
Trotzdem gelang es der langen Regierung Karl Ludwigs, 
durch strengste Überwachung der Beamten (denn „wer leicht 
glaubt, wird leicht betrogen“) Ordnung in das Staatswesen 
hineinzubringen und die fröhliche, immer rasch wieder sich 
erholende Pfalz zu neuer Kraft zu beleben. Die Fruchtbar¬ 
keit des Bodens und der Fleifs der Einwohner arbeiteten um 
die Wette, die Spuren des 30jährigen Krieges zu beseitigen. 
Und doch mufste auch er noch den Anfang jener schrecklichen 
Verwüstungen erleben, die der allerchristlichste König zu¬ 
nächst 1674 durch Turenne ausführen und später noch einmal 
und noch viel furchtbarer und umfangreicher durch Melac 
(1688/89) wiederholen liefs. — Die kirchlichen Gegensätze 
waren inzwischen überall gemildert worden, und auch Karl 
Ludwig gab dieser Tatsache Ausdruck, als er in Mannheim 
den Eintrachtstempel für die drei christlichen Konfessionen 
errichten liefs. Als Karl Ludwig starb, folgte ihm sein Sohn 
Karl (1680/85), ein Schwächling, der nur noch kurz lebte 
und keine Erben hinterliefs. Das gab dann den ersten Anlafs 
zum 3. Raubkriege. Das Ergebnis war, dafs nicht der Herzog 
von Orleans als Gemahl der bekannten Elisabeth Charlotte, 
sondern die katholische Seitenlinie Pfalz-Neuburg die 
vollkommen verwüstete Kurpfalz erhielt. 
Pfalz-Neu bürg, 1085/1742. 
Die von Otto Heinrich seinerzeit geerbte „junge Pfalz“ 
Neuburg-Sulzbach, die nach 1559 an die Nebenlinie gekommen 
und dann wieder von Zweibrücken und Birkenfeld getrennt 
worden, war durch Philipp Ludwig in zwei Teile geteilt. Sein 
Sohn Wolfgang Wilhelm hatte Neuburg, den reicheren, süd¬ 
lichen Teil an der Donau, erhalten und dazu in dem clevischen 
Erbfolgestreit noch zwei weitere Herzogtümer am Niederrhein 
erworben, Jülich und Berg. (1614) Die Durchsetzung dieser 
Erbschaft, die immer aufs neue in Frage gestellt und erst 
1666 wirklich endgültig entschieden wurde, war nicht leicht 
gewesen. Um seine Stellung zu stärken, war Wolfgang 
Wilhelm katholisch und Schwager seines Freundes und 
Nachbarn Maximilian von Bayern geworden. Das begünstigte 
nicht blofs für den Augenblick eine wertvolle Hülfe (Liga), 
sondern in der Folge auch eine dauernde Verschmelzung 
der Wittelsbacher. Und erst diese gab Bayern später seine 
grofse, selbst Österreich gegenüber wirklich starke Stellung 
in Deutschland. 
Bayern. 
AucH Bayern hatte in reichem Mafse der Kunst ge¬ 
huldigt, namentlich unter Albrecht V., der dafür den Bei¬ 
namen des „Grofsmütigen“ erhielt. (1550/79) Aber wie die 
Nr. 6. 
Jesuiten überall den gröfsten Einflufs im Lande gewannen 
(Ingolstadt, ‘auch in München und selbst in dem Augsburger 
Dillingen), so bekam auch die Kunst meistens eine der 
Kirche dienende Richtung. Prächtige Gotteshäuser entstanden 
an vielen Orten; dazu erhielt München die gröfste Kapelle 
Europas (Vokalmusik), deren Leiter der hochbedeutende, dem 
Palestrina gleichgeschätzte Orlando Lasso wurde. Besondere 
Pflege erhielt durch diesen überaus fruchtbaren Tonkünstler 
die Kirchenmusik. Ähnlich gefördert wurde die bildende 
kirchliche Kunst (Christ. Schwarz) und das Kunstgewerbe. — 
Albrecht’s Nachfolger, Wilhelm der Fromme (1579/98), 
steigerte die Freigebigkeit. gegen Kirchen und Klöster fast 
bis zum Übermafs (Jesuitenkolleg in München), so dafs ihm 
endlich sein eigener, der Kirche doch ebenfalls ergebener 
Sohn Maximilian deshalb Vorstellungen machen und zuletzt 
die Abdankung herbeiführen mufste. Maximilian selber 
aber (1598/1651), der bedeutendste Herrscher Bayerns, hat 
dann in langer Regierungszeit mit gröfster Strenge, auch 
gegen sich selbst, allerdings den Zielen der katholischen 
Kiiche gedient, zugleich aber auch dadurch klug und nach¬ 
haltig die weltlichen Interessen Bayerns gefördert, das Recht 
und die Finanzen geordnet, ein Heer sich geschaffen, an 
dessen Spitze er einen (Wallonen) Tilly stellte und endlich 
fest zugegriffen, als der Anlafs zum Handeln sich ihm darbot. 
1607 nahm er, unbekümmert um die Folgen, die Reichsstadt 
Donauwörth, und der Union, die sich dadurch veranlafst 1608 
in dem nahen Ahausen dagegen bildete, stellte er 1609 seine 
Liga gegenüber. Das verschob wenigstens noch einige Jahre 
den Religionskrieg. Den Kampf gegen den Winterkönig (1620) 
gewann vor allem seine Armee. Dabei schlug sie zufällig 
etwa denselben Weg ein, den 120 Jahre später sein Urenkel 
Karl VII. Albert ging, (über Linz und Prag nach dem Mittel¬ 
rhein,) aber freilich, mit welch entgegengesetztem Erfolg! 
Denn Maximilians Kriegszug und die Verbindung mit Ferdi¬ 
nand n. von Österreich — die gemeinsamen katholischen 
Interessen gestatteten diesmal den ungewöhnlichen Bund — 
brachten der Krone Bayerns die Oberpfalz und die Kurwürde. 
Und wenn auch der entsetzliche 30jährige Krieg noch lange 
dauerte und die gröfsten Wechselfälle zur Folge hatte, 
von denen Bayern nicht zum wenigsten litt, so hinterliefs 
Maximilian doch ein grofses, fest gefügtes und angesehenes 
Land, dem nur wenige in Deutschland sich vergleichen 
konnten. 
So hat Maximilian sich um die katholische Kirche und 
um das Emporkommen Bayerns in gleichem Mafse gewifs 
verdient gemacht. 
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