Full text: Ergänzungsheft für die Provinz Brandenburg (Erg.-H., [A, 7])

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der Uckermark, der Herzog von Glogau Krossen und Züllichan und 
der König von Böhmen die Oberlausitz. Mehrere Jahre regierte kein 
rechtmäßiger Fürst, und die Bewohner hatten von Bürgerkriegen und 
dem ruchlosen Treiben der Raubritter viel zu leiden. Fehdewesen und 
Unordnung nahmen überhand. Endlich erklärte der Kaiser Ludwig 
der Bayer die Mark als ein eröffnetes Reichslehen und übergab sie 
seinem achtjährigen Sohne Ludwig. Nun waren die Anhaltiner für 
immer von der Erbfolge in Brandenburg ausgeschlossen. Der Kaiser 
regierte zunächst für seinen unmündigen Sohn und suchte mit kräftiger 
Hand Ordnung zu schaffen. Aber durch seine Feindschaft mit dem 
Papste brachte er neues Elend über die Mark. Der Bischof von 
Lebns rief die wilden Horden des Polenkönigs und die Littauer ins 
Land; sie verübten die schändlichsten Greuelthaten und verwüsteten 
alle deutschen Ansiedelungen bis zur Oder. Die unglücklichen Be¬ 
wohner der Neumark flüchteten in die Städte der Mittelmark. Als 
ein Zug der Flüchtlinge auch nach Berlin kam, rotteten sich die erzürnten 
Berliner zusammen, erschlugen den Probst von Bernau und verbrannten 
den Leichnam auf dem Hochgerichte. Zur Strafe legte der Papst das 
Interdikt auf die Städte Berlin und Cöln an der Spree. Aller 
Gottesdienst hörte auf, keine Kirchenglocke ertönte, ohne Sang und 
Klang wurden die Toten begraben, kein Kind empfing die Taufe und 
kein Brautpaar den Segen der Kirche. Ähnlich erging es den 
Frankfurtern, die den Bischof von Lebns gefangen und alle päpstlich 
gesinnten Priester vertrieben hatten. Erst nach Jahren lösten sich die 
Berliner und Frankfurter von Bann und Interdikt. 
2. Nachdem Karl IV. deutscher Kaiser geworden, erschien eines 
Tages beim Erzbischof von Magdeburg ein ehrwürdig aussehender Greis 
in der Tracht eines Pilgers und behauptete, er sei der Markgraf 
Waldemar von Brandenburg; er sei nicht gestorben, wie die Leute 
glaubten; ein anderer sei für ihn begraben worden; um sein Gewissen 
zu beruhigen, habe er heimlich eine Pilgerfahrt nach beut heiligen 
Lartbe unternommen; nun sei er zurückgekehrt, um bie Not seines 
brandenbnrgischen Volkes zu liubern. Der Pilger fand Glauben, 
auch ber Kaiser ^erkannte ihn an unb wies die Brandenburger au deu 
neuen Herrn. In kurzer Zeit fiel diesem fast das ganze Land zu; nur 
Brietzeu, Frankfurt und Spandau blieben Ludwig treu. Brietzen erwarb 
sich dadurch deu tarnen LrenenbrieAen. Als aber im deutschen Reiche 
eine mächtige Partei den Kaiser Karl IV. zu stürzen drohte, schloß 
er mit dem Markgrafen Ludwig Frieden, erklärte, daß er sich geirrt 
habe, ließ Walbemar fallen und belehnte Ludwig aufs neue mit der 
Mai k. Trotzdem mußten Ludwig und seine Nachfolger noch mehrere 
Jahre den Kampf gegen Waldemar und seine Anhänger fortsetzen. 
Endlich verzichtete Waldemar auf die Mark; er lebte bis zu seinem 
Tode bei dem Fürsten von Anhalt und wurde im fürstlichen Erb¬ 
begräbnis zu Dessau beigesetzt.
	        
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