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Durch die Verlegung der Residenz war die Weltstellung der
östlichen Landschaften mit einem Schlage eine andere geworden;
sie hatten ein Centrum erhalten, das sie wegen der größeren
Nähe und der innigeren gegenseitigen Interessengemeinschaft viel¬
mehr anzog als Rom, zu dem sie einst nur gezwungen in Be¬
ziehungen getreten waren.
Als die Römer im zweiten Jahrhundert v. Chr. die helle¬
nistische Welt von sich in Abhängigkeit brachten, waren die alten
Mittelpunkte derselben, die bis dahin den Handel beherrscht
hatten, teils, wie z. B. Korinth, zerstört, teils sonst ruiniert worden,
mit neuen für Nom günstiger gelegenen Centren Platz zu machen.
So wurde im I. liSü v. Chr. die Insel Delos den Athenern
geschenkt und dieselbe, wahrscheinlich gleichzeitig, zum Freihafen
erklärt, mit der eingestandenen Absicht, den Handel von dem see-
mächtigeu Rhodos abzulenken und den Gewinn, den die rho-
dischen Kaufleute aus der Vermittlung des Austausches der Pro¬
dukte des Ostens und Westens bisher gezogen hatten, italischen
Kapitalisten zuzuwenden. An die Stelle der rhodischen Produ¬
centen traten überall, z. B. in Sicilien, italische „negotiantes“;
die herrschende Nation wußte aus diese Weise ihr politisches
Übergewicht finanziell zn verwerten. Erst als Delos durch den
Krieg des Mithridates und durch die Seeräuber sehr herunter¬
gekommen war. kam Rhodos wieder zu Atem und wurde von
studierenden Römern mit Vorliebe anfgesucht. Unter Dioeletian
ward es die Hauptstadt der ueugebildeten Provinz der Inseln,
welche die Cykladen umfaßte.
Ähnlich war anfangs auch Cypern durch die römischen Herr¬
scher heruntergedrückt worden; infolge der Verschiebung des
Schwerpunktes im Reiche nach Byzanz schwang es sich wieder
empor.
Auch die übrigen Landschaften des Orients florierten jetzt
mehr als je. Im vorderen Kleinasien werden die Städte Cphe-
sus, Nicomedia und Nicäa hervorgehoben. In BUHynien ward
das Bad Pythia mit seinen warmen Quellen von Byzanz aus