Full text: Annalen des fränkischen Reichs im Zeitalter der Merovinger (Abt. 1)

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Erster Abschnitt. 
457 — 
481 
Der salische König Childerich, Chlodovechs Vater, residiert in 
Tournai. Er steht in enger Verbindung mit dem römischen 
Statthalter des nördlichen Galliens und kämpft als Bundes- 
457 
In quinto miliario de Trecas (= 1 geogr. Meile von Troyes) loco nuncupate 
Maurica in Campania.1 
Childerich2 regierte 457—481 nach gesta 9. Sein Sitz war in Tournai, 
wo man 1653 sein Grab gefunden hat.3 Nach dem sagenhaften und sicherlich 
auf alten Liedern beruhenden Bericht Gregors II, 12 (in freier Erweiterung 
und Umbildung gesta 6. 7., hist. epit. 11. 12) wird Childerich wegen unzüch¬ 
tigen Wandels (coepit filias eorum stuprose detrahere) von den Franken der 
Herrschaft beraubt und flieht nach Thoringia zu König Bisinus und seiner 
Gattin Basina (s. zu 430, doch ist hier wol an das Thüringen des inneren 
Deutschland zu denken, da Yenant. V. Radegundis Bouq. Ill, 456 den König 
Bassinus als Grossvater der Radeg., Vater des Hermanfrid und Berthar 
bezeichnet. S. zu 531a. Waitz d. a. R. 49 legt Gewicht auf die Worte der 
Basina: in transmarinis partibus; doch ist der Ausdruck allgemein zu fassen, 
vgl. hist. epit. 12: si utiliorem sub coelo scissem.), während die Franken, 
Aegidium sibi, quem superius magistrum militum a republica (über diese 
Bezeichnung des römischen Reichs s. zu 602 Anm., 739c) missum diximus, 
unanimiter regem adsciscunt. Nach 8 Jahren wird Childerich zurückgerufen 
und wieder eingesetzt; er heiratet die Basina, die ihren Gemahl verlassen* 
und zeugt mit ihr den Chlodovech. Dass weder die Vertreibung und Rück¬ 
kehr Childerichs, noch das Königtum des Aegidius der beglaubigten Geschichte 
angehören, hat Junghans 9 —12 überzeugend dargetan. Vgl. auch Waitz 
II, 47 n. 3. Ueber den Charakter der Ueberlieferung urteilt schon richtig 
Fauriel I, 273, ohne jedoch strenge Consequenzen zu ziehen. Wichtiger 
sind die jedenfalls römischen Quellen entlehnten Nachrichten bei Gregor II, 
1) Mit dieser Angabe stehen sowol die übrigen Ableitungen der ravennatischen Fasten 
(Waitz Nachr. der K. Ges. d. W. Göttingen 1865, 81 ff., Kaufmann a. a. 0. 120 ff.), als auch 
die von denselben unabhängigen Quellen bei richtiger Interpretation im Einklang. Eine 
2 Meilen westlich von Troyes befindliche Stelle an welcher der Name Moirey (früher Moria- 
cum) haftet, entspricht vielleicht dem locus Mauriacus der Quellen. (Kaufmann 126 f.) Andere 
entscheiden sich für Mery-sur - Seine. Vgl. Jahn 374 n. 1. Locus bedeutet nicht Stadt, campi 
catalaunici bezeichnen die weite Ebene der Champagne (Campania) zwischen Ardennen und 
Seine (Kaufmann 124 ff.) 
2) Eückert Culturg. I, 291 n. 8 sucht vergeblich die Mutmassung zu begründen, dass 
Childerich Chlodios Sohn gewesen. Auch scheinen mir die dürftigen Nachrichten der Quellen 
in keiner Weise es zu gestatten, über dieses Königs Sinnesart und Politik so sicher zu urteilen > 
wie es ebd. 292 f. geschieht. 
3) I. I. Chiflet, Anastasis Childerici I. Francorum regis. Antwerpen 1655. Cochet, 
le tombeau de Childeric I, roi des Francs. Paris 1859. Eckhart, Franc, or. I, 39 ff. Ueber 
die in dem Grabe Vorgefundenen Münzen Soetbeer Forschungen z. d. G. I, 546 ff. Der Tour- 
nayer Fund zeigt, dass zu Childerichs Zeit das courante Metallgeld teils und zwar vornemlich 
aus dem Goldsolidus nach dem Münzfusse Constantins I. (72 solidi auf ein Pfund Gold), teils 
auch aus guten römischen Silberdenaren der früheren Kaiserzeit (namentlich der Antonine), 
vermischt mit einzelnen Consulardenaren und späteren guten Silbermünzen aus der constan- 
tinischen Zeit (96 Denare auf ein Pfund Silber) bestand; Kupfermünzen fehlen gänzlich. Soet¬ 
beer (p. 555 — 60) sucht wahrscheinlich zu machen, dass damals von den Franken 12 Denare 
auf einen Solidus gerechnet wurden, der Denar also einen etwas höheren Wert erlangt hatte, 
als ihm nach dem Metallgehalt zukam. (Waitz II, 607 n. 2 hält dies für ganz unwahr¬ 
scheinlich.) Die grosse Mehrzahl der aufgefundenen Goldmünzen trägt den Stempel der Kaiser 
Leo I (457 — 474) und Zeno (476 — 491).
	        
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