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Das deutsche Reich unter Heinrich IV. 1056 —1106.
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Während dieser Vorgänge in Deutschland erneuern sich die
Unruhen in Mailand. Die Pataria geht zum Kampf gegen die
königliche Investitur über. Erlembald, von Hildebrand in Rom
zur Herbeiführung einer ‘kanonischen’ Wahl nach Widos Ableben
aufgefordert, bildet in Mailand eine geheime Verschwörung zur
Durchführung dieser Absicht. Erzb. Wido, hiervon benachrichtigt,
legt seine Würde nieder und übersendet Ring und Stab an den
König unter Empfehlung des Mailänder Diakonus Gottfried zum
Nachfolger. Der König erteilt die Investitur an Gottfried, der aber
von beiden Parteien in Mailand abgelehnt und von der Pataria
unter Erlembald mit Waffengewalt vertrieben wird. Wido will
sich mit Erlembald zum Zweck seiner Wiedereinsetzung verstän¬
digen, wird aber von diesem gefangen gesetzt. Gottfried besetzt
seine Stammburg Castiglione und verwüstet von hier mit seinem
Anhang das Gebiet von Mailand.d
At ubi animadvertit datam in eum esse sententiam — petenti auxilium dene-
gavit — filiam — remisit; postremo ad ipsum eius ducatum occupandum omnem
operam intendit, nihil pensi habens, quantum auri — argenti — redituum ac
possessionum suarum dilapidaret. — Noverat rex haut satis placiturum prin-
cipibus Baioariae, quod hoc tum contra morem et ius, tum ipsis inconsultis
factum fuisset (vgl. Thietmar chron. Y, 14 SS. III, 794, Hirsch Jahrb. H. II,
Bd. I, 65 ff., Riezler I, 728 f., AVaitz, VG. VII, 115), et propterea quan-
tocius ire in Baioariam cogitahat, ut tumultum, si quis forte oriretur, per se
ipsum reprimeret. Um aber Goslar gegen einen Angriff sicherzustellen, quosdam
Saxoniae principes illic presidii causa reliquit, et ipse — in Baioariam pro-
ficisci parabat. Die Übertragung Bayerns an Welf berichten kurz zu 1071
Ann. August; Compil. Sanbl.; Ekkehard zu 1075 Ann. S. Disibodi. Vgl. ferner
Adam III, 59 und MvK. II, 24 n. 39. — Von Unruhen in Franken meldet
Compil. Sanbl. S. 275: Francia civili laborat discordia, doch fehlt jede nähere
Aufklärung.
d) In Mailand (s. die zu 1059b angeführten Quellen) war nach Landulfs
Tode (Zeit ungewifs MvK. I, 437 n. 86) dessen Bruder Erlembald (Landulf
III, 14: ex magna prosapia capitaneorum oriundus, miles strenuissimus) durch
Ariald vermocht worden die Pataria zu führen, in Rom vom Papst durch Über¬
reichung einer Fahne zum Streiter des h. Petrus geweiht (Arnulf c. 17: gloria-
tur A. ab ipsa Roma bellicum s. Petri se accepisse vexillum contra omnes sibi
adversantes. An der Spitze eines bewaffneten Gefolges hatte er den Erzbischof
bekämpft und dessen Exkommunikation in Rom durchgesetzt. Pfingsten 1066
wurde dieser in der Kirche schwer gemifshandelt, seine Kurie ausgeplündert.
Das führte aber zu einer für die Pataria_verlustreichen Gegenbewegung, bei
der Ariald ums Leben kam. Doch 1067 erlangte die Pataria, die inzwischen
auch in anderen lombardischen Städten (Cremona, Piacenza) Erfolge errungen