Full text: Annalen des Deutschen Reichs im Zeitalter Heinrichs V. und Lothars v. Sachsen (Abt. 3, Bd. 2, Hälfte 2)

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Anhang. 
und die iura ordinis communia, die auch andere Priester ausüben. Zu jenen 
gehören die Erteilung der drei höheren Weihen, die Degradation und die Be¬ 
reitung heiliger Öle (für diese Handlungen giebt es keine Vertretung), ferner 
das Sakrament der Firmung, die Erteilung der niederen Weihen, die Weihung 
von Kirchen, Altären, Glocken u. s.w., die Salbung der Könige, die Einsegnung 
der Äbte und Äbtissinnen u. s. w.; zu diesen die übrigen Sakramente und die 
Celebrierung des Mefsopfers. 
2. Die potestas magisterii, das oberste Lehramt im Sprengel, enthält 
die Wahrnehmung der Predigt, der Katechese und die Lehre der Theologie und 
die Erteilung der Befugnis zu diesen Handlungen, die missio. 
3. Die potestas iurisdictionis bedeutet das Recht der Gesetzgebung 
und der Dispensation, der Berufung zur Diözesansynode, der Aufnahme in den 
Klerus, der Errichtung und Besetzung von Kirchenämter, dazu die Straf- und 
Erziehungsgewalt über den Klerus, die Aufsicht über die Amtsführung von 
niederen Geistlichen u. s. w. 
Bei wichtigen Handlungen, die ein Bistum betreffen, findet sich regel- 
mäfsig eine Mitwirkung der Geistlichkeit und des Volkes erwähnt. Diese werden 
als die Wähler des Bischofs genannt. Sie geben auch ihre Zustimmung bei 
Errichtung von Kirchen und Klöstern, bei Verfügungen über Kirchengut u. s. w. 
(Hinschius II, S. 59 f.). Dafs nicht die gesamte Geistlichkeit und Einwohner¬ 
schaft des Sprengels zugezogen werden konnte, versteht sich von selbst. Von 
den Geistlichen kommen nur die der Bischofsstadt in Betracht, und hier in 
erster Linie die an der Domkirche angestellten, das Domkapitel. Im Anfang 
unserer Periode war das Vermögen der meisten Kirchen noch ungeteilt. Die 
an ihr angestellten Geistlichen lebten meist in Gemeinschaft der Wohnung und 
teilweise des Vermögens, unter dem Gelübde der Keuschheit nach fast mönchischer 
Regel. Aber die an einigen Kirchen (Köln) bereits bestehende Verteilung der 
Einkünfte auf die einzelnen Stiftsherren, wurde mehr und mehr üblich. Damit 
verschwanden dann auch das gemeinsame AVohnen und die übrigen Regeln. Im 
11. Jahrhundert bestand die vita communis nur noch an wenigen Kirchen. Aber 
seit der Mitte dieses Jahrhunderts nahm die reformatorische Gegenströmung 
mächtig zu. An vielen Stiften wurde jede Art von Privateigentum der Kapitel¬ 
herrn aufgehoben; aber überall drang diese Reform nicht durch (Hinschius II, 
S. 54 ff.). Die Zahl der Stiftsherren richtete sich nach den Einkünften der 
Kirchen. Ihre Ernennung erfolgte durch den Bischof unter gewisser Mitwirkung 
des Kapitels (Hinschius II, S. 613 f.). An der Spitze des Kapitels stand ge¬ 
wöhnlich der Propst (praepositus), der vornehmlich das Stiftsvermögen zu ver¬ 
walten hatte.1 Der Primicerius oder Cantor hatte die Leitung der äufseren 
1) Hinschius II, S. 88ff. Der Dekan kommt in unserer Periode noch, nicht vor.
	        
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