Die deutsche Eeichsverfassung unter den sächsischen und salischen Herrschern. 767
Formen des Gottesdienstes, besonders der Gesänge. Neben ihm unterrichtete
der Scholaster die dem Stifte anvertraute Jugend. Dem Custos und dem
Sacristan lagen die Behütung der heiligen Gerätschaften, die Beleuchtung und
das Geläute ob. Der Kellermeister (cellarius) besorgte die Naturallieferungen
an die Stiftsherren (Hins.chius II, S. 97 ff.). Dies waren die bedeutendsten
Ämter in den Kapiteln. Ihre Inhaber werden oft als Prälaten bezeichnet (ebend.
S. 110). Die Pflichten der Kapitel bestanden in der regelmäfsigen Ausübung
von bestimmten Gottesdiensten. Ihre Bedeutung beruhte hauptsächlich darauf,
dals aus ihrer Mitte meist die Bischöfe genommen wurden.
Die Mitwirkung der Laien bei kirchlichen Handlungen beschränkt sich im
Allgemeinen auf die Ministerialen des Stiftes.1
Dem Bischof stand in der Regel als Gehilfe ein Archidiakonus zur
Seite, der ihn besonders bei der Visitation der Diözese unterstützte oder vertrat.
Im 10. Jahrhundert begannen die mit weltlichen Regierungsgeschäften überhäuften
Bischöfe mehrere solche Gehilfen zu ernennen, ihnen bestimmte Amtsgebiete
zuzuweisen und einen Teil der bischöflichen Rechte zu übertragen. Seit dem
11. Jahrhundert zerfiel fast jeder Bischofssprengel in mehrere meist nach Gau-
gienzen festgelegte Archidiakonatsbezirke. Gewöhnlich wurde der Archidiakonat
dem Propst der Hauptkirche in dem betreffenden Bezirk übertragen.2
Auf dem Lande war die Kirche langsamer vorgedrungen als in den Städten.
Ursprünglich hatte man in den Kirchen auf dem Lande nur Messe gelesen, aber
weder Pfarrgottesdienst gehalten noch Sakramente gespendet. Das kirchliche
Leben hatte sich in den Städten konzentriert (Hinschius II, S. 624). Nur
allmählich bildeten sich Pfarrbezirke aus. Die Pfarrer wurden teils von den
Bischöfen, teils von Äbten, teils von Laien ernannt, wovon gleich die Rede
sein wird. Einzelne Pfarrer erhielten ein gewisses Aufsichtsrecht über ihre
benachbarten Amtsgenossen und hiefsen davon Erzpriester (Archipresbyter). Im
11. Jahrhundert traten sie an Bedeutung hinter den Archidiakonen zurück.
Die Klöster erfuhren zu Beginn unserer Periode einen neuen Aufschwung.
Ein solcher war sehr nötig, da unter dem Drucke der politischen Zustände unter
den letzten Karolingern fast überall das klösterliche Leben zerfallen war. Die
Mönche lebten unter geringer Beobachtung der Regeln, nicht selten in der gröfsten
Zuchtlosigkeit in denjenigen Klöstern, die alle Stürme der Normannen- und
Ungarnnot uberstanden hatten. Zuerst in Lothringen begann die Reformbewe¬
gung. In rascher Folge wurde bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts fast in allen
Klöstern der Diözesen Metz, Toul, Verdun, Trier und Lüttich die Benediktiner¬
regel m ihrer alten Strenge wiederhergestellt (Hauck III, S. 345 ff.). Erzbischof
1) Nitzsch, Min. u. Bürg. S. 140.
können *?£££%£*■ “* * «. n„ Bed»,u»g nnd