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4. Eine Begeisterung, wie sie selbst in den Tagen
der Freiheitskriege nicht erhebender gewesen war, ging
durch das ganze deutsche Volk, und wie damals, so
erschollen auch jetzt herrliche, die treueste Hingebung
an das Vaterland atmende Lieder durch alle Gaue des
deutschen Landes, darunter eines, dessen Töne brausten
wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall,
das Lied von der Wacht am Rhein. Unter den Klängen
dieses Liedes zogen Jünglinge und Männer zu ihren
Fahnen uud zogen sie hinaus in den grofsen Krieg für
die gerechte Sache, der Kern des deutschen Volkes, seine
hoffnungsvolle Blüte und seine gesegnete Frucht. Mutig
zogen sie hinaus, die Hunderttausende, um mit ihren
Leibern einen schirmenden Wall zu bieten für das bedrohte
YTaterland. Und wieder andere zogen ins Feld zur Pflege
der Verwundeten, die Freiwilligen mit dem roten Kreuz
im weifsen Feld, Jünglinge und Männer, Geistliche und
Laien, und mit ihnen zarte Jungfrauen, die Kranken-
pflegerinnen, barmherzige Schwestern und Diakonissinnen,
alle getragen von werkthätig christlicher Liebe und von
der Liebe zum Vaterland. Die aber nicht hinaus konnten,,
waren doch nicht unthätig bei dem grofsen Werk. Es
bildeten sich zahlreiche Vereine von Männern und Frauen
zur Sammlung von Liebesgaben für die Krieger im Feld
und ihre Angehörigen in der Heimat. So war die Opfer-
freudigkeit allgemein, und sie beschränkte sich auch keines¬
wegs aut die Deutschen des Bundes; ganz Deutschland
fühlte sich eins mit dem preufsischenKönige; die Mainlinie,
welche Nord und Süd geschieden hatte, war nicht mehr,
und dieselben Krieger, welche sich noch vor wenig Jahren
im feindlichen Kampfe einander gegenüber standen, sie
kämpiten jetzt treu vereint gegen den gemeinsamen Feind.