]51. Verherrlichung des deutschen Kaufmaunstandes durch u. s. w. 253
denselben erscheint ihm als der Vornehmste der gute Gerhard, ein
Greis von würdevollem Ansehen. Ihn zieht der Kaiser beiseite in ein
Nehengemach, vorgeblich des Reiches Not mit ihm zu beraten, in
Wahrheit aber nur ihn zu befragen, wodurch er den ehrenden Bei¬
namen erhalten und was Grosses er zu Gottes Ehren getan habe.
Aber wie die Himmelsstimme vorausgesagt hat, kostet es ihn
grosse Mühe, von dem bescheidenen Kaufmann hierüber Auskunft
zu erhalten. Gerhard fürchtet, Gottes süsse Huld durch sein Rühmen
zu verlieren, und bittet fufsfälhg, ja mit Anbietung von tausend Mark
Gold, den Kaiser ihm solche Kunde zu erlassen. Da aber derselbe
mit der ganzen Strenge seiner Würde bei der Forderung verharrt und
ihn bei Gottes Namen beschwört, gibt Gerhard endlich gezwungen
nach und spricht:
-»Ich muss es leisten,
Denn es ist Eur Befehl;
Zu gross wär’ mein Erdreisten,
Hätt’ ich es länger Flehl.
Doch will ich mich nicht zieren
Damit aus Eitelkeit,
Gott prüfet Herz und Nieren
Und weiss, es ist mir leid.«
Nun erzählt er folgendes:
Sein Vater hinterliess bei seinem Tod ihm, dem einzigen Sohne,
so reiches Gut, dass er es lebenslang nicht hätte verzehren können.
Trotzdem war er als Kaufmann bemüht dasselbe noch zu mehren,
um seinem Sohne mit gutem Recht den Beinamen der Reiche zu ver¬
erben, den schon sein Ahn geführt. Er fuhr daher mit einem wohl¬
bemannten Schiffe, das auf drei Jahre mit Speise versehen war, und
mit der Summe von 50000 Mark Silber und Gold nach Russland,
Livland und Preussen und handelte daselbst kostbaren Zobel ein. Von
da wandte er sich nach der Levante und erkaufte in Damaskus und
Ninive kostbare Baumwollen- und Seidenstoffe, von denen er sich in
der Heimat dreifachen Gewinn versprach. Auf der Rückfahrt ver¬
schlug ihn aber ein zwölftägiger Sturm nach der Felsenküste des
heidnischen Landes Marokko und er ankerte vor der grossen Haupt¬
stadt Castelgunt, wo eben ein grosser Jahrmarkt gehalten werden sollte.
Hier wendete er sich an den Burggrafen Stranmur, um von ihm Sicher¬
heit für Gut und Leben zu erbitten. Sofort gewährte dieser dieselbe.
Er schenkte ihm sogar Zollfreiheit für seine Waren, erklärte, um seinet¬
willen den Hafen von nun an auch der Christenheit zu öffnen, und
der Schatzmeister Stranmurs wies ihm die beste und geräumigste
Herberge an, wo er als Stranmurs Gastfreund fröhlich haushalten sollte.
Aus gegenseitiger Hochachtung wurden Stranmur und Gerhard
vertraute Freunde und zeigten einander ihre Schätze. Stranmur