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disch über die Reuß, wobei sich die Verschworenen in seine Fähre
drängten. Drüben am Ufer siel einer dem Ross des Kaisers in die
Zügel, und Johann stieß ihm das Eisen in den Nacken mit den
Worten: „Hier der Lohn des Unrechts!" Auch die übrigen stießen
und schlugen nach dem Kaiser. Dieser starb in dem Schooße eines¬
artnett Weibes an der Straße, den sterbenden Blick auf seine Stamm¬
burg Habsblirg gerichtet. Die Mörder aber flohen nach allen Rich¬
tungen auseinander. Nur der weniger schuldige Rudolf v. Wart
wurde ergriffen und aufs Rad gestochten. Drei Tage litt er Todes¬
qualen, während seine treue Gattin unter dem Rabe weinte unb
betete. Herzog Johann aber, den man Parricida, d. h. Verwand¬
tenmörder, nannte, war und blieb verschollen. Witwe und Tochter
des Ermordeten nahmen eine schreckliche Rache an den Verwandten
der Mörder: an 1000 wurden hingemordet. An der Stätte des
Verbrechens gründeten sie das Kloster Königsselden.
4. Vertheidigung der Schweizerfreiheit. Leopold
v. Östreich, des Ermordeten zweiter Sohn, wollte das Schweizer¬
volk aus mancherlei Ursachen züchtigen und zog mit schwer gewapp¬
neter Reiterei gegen sie. Da er 1315 durch den Pass bei Mor¬
garten kam, fielen ihn die bespöttelten Hirten mit Todesverachtung
und Freiheitsmuth an. 50 Verbannte wälzten Felsblöcke vom Berge
herab auf die Östreichs und brachten Tod und Verwirrung in
die Reihen des stolzen Feindes. In schmählicher Flucht rettete sich
nur ein kleiner Theil.
Ein andrer Leopolb v. Östreich versuchte 1386 bei Sem¬
pach, das Hirtenvolk zu unterwerfen. Seine schwer gewassneten
Ritter gaben — nach der Sage — ihre Rosse den Trossbuben und
stellten sich in einem Vierecke aus, aus dem nach allen Seiten die
Spieße starrten. Vergebens suchten die Schweizer einzudringen;
einer nach dem andern fiel durchbohrt zur Erde. Da rief Arnold
von Winkelried: „Ich will der Freiheit eine Gasse machen; liebe
Eibgenossen, sorgt für mein Weib unb meine Kinber!" Dann fasste
er so viel Spieße, als er mit ben Armen umspannen konnte, unb
begrub sie in seine Brust. Im Falle riss er bie Ritter nieber-
durch die Lücke brangen bie Schweizer in bas eherne Viereck unb
metzelten alles nieber. Da bie Trossbuben mit ben Rossen entflohen
waren, so kamen bie meisten Ritter auf ber Flucht um ober er¬
stickten bei ber Sommerglut in ihren Harnischen. Unter ben Tobten
war auch Leopolb, ber bie Nieberlage nicht überleben mochte.
Später wollte ber reiche aber eitle unb schwache Herzog Karl
der Kühne von Burgunb bie Schweizer unterjochen; aber bei
©ranfon verlor er mit ber Schlacht feine reichen Schätze, bei
Murten 15,000 seines Heeres unb bei Nancy enblich sein Leben