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56. Die Luxemburger in der Mark.
1373 — 1415.
1. Karl IV. im Reich. Er war auf allerlei krummen
Wegen zum Throne gekommen. Durch Berechnung, Verstellung und
Gewandtheit wusste er überall seinen Vortheil wahrzunehmen, selbst
auf Kosten des Reiches. Er hat seine Hausmacht gemehrt, aber des
Reiches Macht gemindert. Die heutige Staatskunst, die überall Fäden
anknüpft, überall Vortheil sucht und nicht selten die Sprache zum
Verbergen der Gedanken braucht, stammt von ihm. Für Brandenburg
und Böhmen war er ein wahrer Vater, für das Reich ein Stiefvater.
Auf seinem Römerzuge ohne Heer spielte er eine traurige Rolle. Überall
füllte er seinen Säckel, indem er Rechte und Freiheiten vergabte. Aus
Rom stahl er sich noch am Tage seiner Krönung wie ein Dieb. Der
große Dichter Petrarka rief ihm nach: „Wenn Dein Großvater
Heinrich VII. Dir in den Alpen begegnete, mit welchem Namen
würde er Dich anreden?" In der ersten Zeit seiner Regierung
wurden die Gemüther durch seltene Schrecknisse erschüttert. Drei
Jahre verheerten Heuschreckenschwärme die Felder, und eine
Hungersnoth folgte. Ein furchtbares Erdbeben richtete im
Süden Europas große Verheerungen an. Dann kam der schwarze
T od, eine fürchterliche Pest, aus Asien, durchzog wie ein Würgengel
Europa und raffte wohl den dritten Theil aller Menschen hinweg.
Das Bußgefühl trieb hierauf die Geißler oder Flagelanten zu
wahnsinnigen Bußübungen, fo dass sie ein Schrecken der Dörfer und
Städte wurden. Weil man den Juden schuld gab, dass sie die
Brunnen vergiftet und damit die Pest erzeugt hätten, so erfolgte an
vielen Orten eine grausame Verfolgung dieser Unglücklichen.
Karl IV. erließ 1356 die goldene Bulle, ein Reichsgrund-
gesetz, worin die Wahl- und Krönungsordnung festgesetzt war. Der Name
stammt von der goldenen Kapsel, in der das Gesetz lag. Sieben Kur-
sürsten, die 7 Leuchter des Reiches, sollten in Zukunft den Kaifer wählen,
und zwar die drei geistlichen von Mainz, Trier und Köln und die 4
weltlichen von Böhmen, der Pfalz, Sachsen-Wittenberg und Brandenburg.
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Böhmen
war sein erster, Brandenburg sein zweiter Augapfel. Ersteres hat
er aus der Roheit zur Blüte der Kultur gehoben. Er brach die
Räubernester, sorgte für gerechtes Gericht, ließ Wege und Brücken
bauen, Bergwerke anlegen, Flüsse schiffbar machen, zog deutsche Ge¬
lehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 als
Mittelpunkt des geistigen Lebens die Universität Prag, die
bald von 5000, ja später von 20,000 Studenten besucht war.
Wie ein geschickter Taschenspieler hatte sich Karl in den Besitz