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(Gleichnis von dem Magen und den empörten Gliedern) gelang es,
die Plebejer wieder nach Rom zurückzuführen. Es wurde ihnen
feierlich Nachlass der Schulden, Aufhebung der Schuldknechtschaft,
billigerer Zinsfuß und die Wahl plebejischer Schutzobern oder Tri¬
bunen zugesagt. Die alljährlich gewählten Tribunen (3, dann 5,
zuletzt 10) waren die Wächter über die Volksrechte. Jeden tiolfs-
schädlichen Senatsbeschluss machten sie durch ihr Veto (ich verbiete)
unmöglich. Ihre Person war unverletzlich; sie durften nicht zur
Rechenschaft gezogen werden. Ihre Gehülfen, 2 Aedi len, übten
eine Art Polizeiaufsicht auf Straßen und Märkten aus. Die Prä¬
toren übten das Richteramt, die Censoren die Steuereinschätzung
und die Aufsicht über die Sittlichkeit.
3. Coriola n 488 v. Chr. Bei einer Hungersnoth wollte
der Patricier Marcius Coriolanus das aus Sicilien geholte Getreide
nur unter der Bedingung vertheilt wissen, dass die Plebejer auf ihre
Rechte verzichteten. Da klagten ihn die Tribunen auf den Tod an.
Er wich dem Volksbeschlusse aus, ging zu den Volskern und führte
sie siegreich gegen Rom. Alle Bittgesandtschaften wies er stolz ab.
Da rührten ihn endlich Mutter und Gattin an der Spitze bittender
Frauen. „€) Mutter," rief er aus, „Rom hast Du gerettet, aber
deinen Sohn verloren." Die erbitterten Volsker sollen ihn in einem
Auflauf erschlagen haben.
4 Die Decemvirn (Zehnmänner) 450 v. Chr. Um der
Willkür vorzubeugen, verlangte der Tribun Terentillus Arfa ge¬
schriebene Gesetze. Nach langem Sträuben der Patricier wurden 10
rechtskundige Männer mit der höchsten Gewalt und mit Abfassung
der Gesetze betraut. Nachdem diese Decemvirn sorgfältig einheimisches
und griechisches Recht studirt, wurde das Zwölftafelgesetz ge¬
geben und öffentlich aufgestellt. Es ist die Grundlage des berühmten
römischen Rechtes. Die Macht der Decemvirn artete mehr und mehr
in Willkür aus. Der schlimme Appius Claudius wollte dem plebeji¬
schen Hauptmann Virginius seine Tochter Virginia durch einen falschen
Rechtsspruch entreißen. Da stieß der Vater in der Verzweiflung
seiner Tochter ein Fleischmesser ins Herz. Das empörte Volk er¬
zwang nun die Absetzuug der Decemvirn. Appius Claudius erhängte
sich im Gefängnis.
5. Der Kampf der Patricier für Erhaltung ihrer Vorrechte
mit den Plebejern, die Gleichstellung forderten, dauerte 200 Jahre.
Durch Zähigkeit errangen die letztem ein Recht nach dem andern ; z. B.
gegen die Forderungen der höchsten Staatsgewalt konnte an das
Volk appellirt werden. Ehen zwischen Patriciern und Plebejern wurden
gestattet. Die Plebejer wurden zum Konsulat zugelassen. 300 v. Chr.
Sie konnten in alle hohen Staatsämter, auch die priesterlichen, ein-