fullscreen: Für die dritte Bildungsstufe (Theil 3)

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Wir müssen aber weiter nach den ferneren Schicksalen der erwärmten Luft 
fragen, welche in den Tropen den beständig aufsteigenden Strom bildet. Je höher 
sie sich erhebt, desto mehr kühlt sie sich ab, wird also schwerer, fängt an zu sinken; 
da aber unter ihr der schwere, kalte Polarstrom gleichsam einen festen Boden bildet, 
so fließt sie auf dieser Luftschicht ab gegen die Pole hin und bildet den zweiten auf 
der Erde herrschenden Wind, den man, nach seinem Ursprünge, Aeguatorialstrom 
nennt: für uns ein Südwind, für die südliche Erdhälfte natürlich ein Nordwind. 
Aber so wie der Polarstrom bei seinem Fortrücken gegen den Aeguator allmä- 
lig in einen Ostwind umsetzt, so wird aus denselben Gründen der von dem Aeguator 
zu den Polen abfließende Luststrom, im entgegengesetzten Sinne abgelenkt, allmälig 
ein Westwind. Auch kommen diesem Strom natürlich die entgegengesetzten Eigen¬ 
schaften zu wie dem Polarftrom: er ist leichter, feuchter, wärmer, bringt das Baro¬ 
meter zum Fallen, das Thermometer zum Steigen und bedingt Bildung von Wol¬ 
ken, Regen und Schnee; durch beide Ströme in Verbindung mit einander wird eine 
beständige Circulation in der gesammten Atmosphäre der Erde unterhalten, welche 
es unmöglich macht, daß irgendwo, durch lokale Einflüsse bedingt, ein den Orga¬ 
nismen wesentlicher Stoff der Atmosphäre, z. B. Sauerstoff oder Wasserdampf, voll¬ 
ständig verzehrt werde, oder ein schädlicher, z. B. Kohlensäure, sich übermäßig anhäufe. 
So ist also das Bestehen der ganzen belebten Natur an diesen Kreislauf gebunden, 
und es giebt eigentlich nur zwei Windftröme auf der Erde, den von den Polen nach 
dem Aeguator wehenden, und den von dem Aeguator zu den Polen zurückkehrenden. 
Nehmen wir nun z. B. einen Ort in Deutschland gerade in der Richtung des Polar¬ 
stroms. Es weht ein Nordwind, die Luft ist kalt, der Himmel heiter, er bleibt so, 
während der Wind nach und nach abweicht und ein reiner Ostwind wird, dessen 
trockene, sauerstoffreiche Polarluft den Brustleiden so gefährlich ist. Der Ostwind 
wehet so lange, bis ihn ein anderer ablöset; es giebt aber keinen andern als den 
Aeguatorialstrom, der stets als Südwind beginnt, in seinem Zusammentreffen mit 
dem Ostwinde südöstliche Winde hervorbringt, in denen die feuchte, warme Luft des 
Aeguatorialstroms abgekühlt und gezwungen wird, einen Theil ihres aufgelöseten 
Wassers als Wolken, Regen, Schnee niederzuschlagen. Allmälig wird der Aegua- 
torialftrom herrschend, es wird bei Südwind hell und warm und bleibt so, bis all¬ 
mälig der Aeguatorialstrom mehr und mehr nach Westen abweicht. Ihn kann 
wiederum nur der nördliche Polarstrom ablösen, dessen Vermischung mit der feuch¬ 
ten Luft abermals im Nordwestwinde häufige atmosphärische Niederschläge hervor¬ 
ruft. Es sind dies die kalten, feuchten Tage, welche denen schwer zu ertragen sind, 
die an Nervenschwäche leiden. So geht es fort, stets in derselben Ordnung, daß 
man jetzt, nachdem Alerander v. Humboldt Erfinder der wissenschaftlichen Meteoro¬ 
logie geworden und Dove dies System entwickelt hat, mit großer Sicherheit das Wetter 
auch in diesen veränderlichen Regionen vorhersagen kann, nur nicht für bestimmte 
Zeiträume, da uns die Bedingungen unbekannt sind, an welche die Dauer des einen 
oder andern Stromes oder ihres Kampfes int Südost - und Nordwestquadranten 
geknüpft ist, und die Oberfläche der Erde nicht überall gleich mit Wasserfläche oder 
mit einer gleich ebenen Erddecke umhüllt ist*). Merkwürdiger Weise umfaßt diese 
Region des Veränderlichen, welche man für die ungünstigste zur Entwicklung der 
Menschheit ansehen möchte, gerade den Schauplatz, auf welchem sich die Entwick¬ 
lungsgeschichte der Menschheit bewegt, vielleicht gerade weil hier die Pflanzenwelt 
*) Bei einer genaueren Erkenntniß dieser Luftströmungen würden Luftfahrten selbst 
nach entfernten Gegenden weder unmöglich noch gefährlicher als die Seeschifffahrt sein. 
(S. Zeise Aeronautik.)
	        
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