196
Zweite Periode der Neuzeit.
und Hochmut vorgebeugt werden. Latein sollte er nicht lernen,
aber Französisch und Deutsch. In der Geschichte mußte besondere
Rücksicht auf die Ereignisse des hohenzollernschen Hauses und des
preußischen Staates genommen und die körperliche Ausbildung durste
nicht vernachlässigt werden. „Absonderlich haben beide Hofmeister sich
äußerst angelegen sein zu lassen. Meinem Sohne die wahre Liebe
zum Soldatenstande einzuprägen und ihm zu imprimieren, daß nur
der Degen einem Prinzen Ruhm und Ehre zu geben vermag und Er
vor der Welt ein verachteter Mensch bleiben würde, wenn Er solchen
nicht gleichfalls liebte und die einzige Gloria in demselben suchte."
Überhaupt suchte der König dem Kronprinzen Geschmack an allen
seinen eigenen Lieblingsneigungen einzuflößen und denselben so viel
als möglich sich selbst und seiner Gesinnung ähnlich zu machen.
Darum mußte der Kronprinz die soldatischen Übungen bis zum Über¬
druß mitmachen; er sollte die Wissenschaften gering achten, mit Musik
keine Zeit verlieren, dagegen viel reiten, jagen und die Parade be¬
suchen. Auch an dem „Tabakskollegium" mußte der Kronprinz später
als wirkliches Mitglied teil nehmen.
Allein in vielen Dingen zeigte sich bald eine gänzliche Ver¬
schiedenheit zwischen dem Könige und dem Kronprinzen. Die Lieb¬
habereien des Vaters waren dem Sohne zuwider, die Beschäftigungen
des Sohnes mit französischer Litteratur, mit Musik, besonders mit
der Flöte, mit Schachspiel, sein Wohlgefallen an französischer Tracht,
seine Locken, seine Haltung, seine Manieren mißfielen dem Könige.
„Fritz ist ein Querpfeifer und Poet", rief der Vater oft im Unwillen
aus, „er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine
ganze Arbeit verderben." Der Kronprinz gab sich daher heimlich
seinen Lieblingsneigungen hin. Aber als er einst im goldgestickten
Schlafrock und in französischer Frisur mit seinem Lehrer Quanz
(§. 18, 9) dem Flötenspiel oblag, wurde er von seinem Vater über¬
rascht. Der König warf den Schlafrock zornig ins Feuer, ließ dem
Prinzen die gepuderten Haare abschneiden und schickte Bücher und
Noten dem Buchhändler zurück. Solche Vorgänge erzeugten eine
große Spannung zwischen Vater und Sohn. Und da der König den
Kronprinzen bei jeder Gelegenheit kränkte, erschien diesem das Leben
an dem Hofe seines Vaters immer unerträglicher. Als der Prinz
nun gar wider seine Neigung vermählt werden sollte, faßte er den
Entschluß zu seinem Oheim Georg II. nach England zu entfliehen.
Seine Schwester Wilhelmine und seine Freunde, die Lieutenants
Keith und Katte, waren in das Geheimnis eingeweiht. Auf einer