Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (2)

II 394 — 570 — 
So viel aber auch die gesamte Bevölkerung an Geld und Gut gewann, 
so wurde sie aber doch nicht glücklicher und zufriedener als früher. Da die 
Fabrikbesitzer und Kaufleute große Summen gewannen, gaben sie auch viel aus; 
die anderen Stände wollten nicht hinter ihnen zurückbleiben, und so lebte man 
weit besser als früher, aber nicht glücklicher. 
1* Wahlspruch König Friedrich Wilhelms IV. 
„Ich und mein Haus rvoUen dem Zerrn dienen". 
Moröereitung. Vor 45 Jahren versammelten sich in Berlin die 
Abgeordneten des preußischen Adels, der Städte und der Landgemeinden. 
König Friedrich Wilhelm hatte sie dorthin berufen. Während nämlich 
früher in Preußen der König allein Gesetze gab, sollten jetzt auch die 
Abgeordneten des Volkes über die neuen Gesetze beraten. Schon längst 
hatte das Volk dieses gewünscht, deshalb herrschte im ganzen Lande 
große Freude über bie Einberufung der Abgeordneten. Überall erwartete 
man mit Aufmerksamkeit, was der König und was die Abgeordneten 
sagen und thun würden. 
König Friedrich Wilhelm IV. bestieg, mit der Krone geschmückt und 
mit dem Purpurmantel angethan, den Königsthron. Ehrerbietig und 
voll Erwartung erhob sich die glänzende Versammlung. Und in dieser 
wichtigen Stunde legte der König das Bekenntnis ab. 
„Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen." 
Derselbe Wahlspruch schmückt auch die Kuppel der Kapelle des 
königlichen Schlosses zu Berlin. 
Besprechung. 1. Wovon legt b er Wahlspruch Zeugnis ab? 
a) Wer Gott dienen will, muß an ihn glauben. König Friedrich Wilhelm 
hat in seinem Wahlspruche ausdrücklich bezeugen wollen, daß er an Gott 
und Gottes Wort glaubte. Dieser Glaube war- bet ihm nicht etwa 
äußerer Schein, auch nicht etwas Angelerntes, sondern er kam ihm aus 
tiefstem Herzensgründe. Davon zeugt besondes die Konfirmation des 
Prinzen, welche uns folgendermaßen geschildert wird: 
Der Kronprinz (Friedrich Wilhelm IV.) stand vor seinem hohen, 
königlichen Vater, und aller Augen waren auf ihn, den königlichen, 
schönen Jüngling gerichtet, der damals 17 Jahre alt war, und alle 
Herzen ihm zugewandt. Der Prinz beantwortete die ihm vorgelegten 
Fragen freimütig, klar und bestimmt, und wie man deutlich merkte, 
nicht so sehr aus dem Gedächtnisse mit dem Auswendiggelernten, als 
vielmehr mit Geistesgegenwart in freiem Selbstdenken. Aus die Frage: 
Und was soll der Glaube an die alles umfassende und allgütige Welt¬ 
regierung Gottes bei schweren Unglücksfällen, in einer dunkeln, rätsel¬ 
haften Zeit, wie die gegenwärtige, aus Sie wirken? *) antwortete der 
Prinz bewegt: „Dieser Glaube soll und wird mich erheben, stärken und 
kräftigen. Fest und ruhig glaube ich an ben, der zum Übermut spricht: 
Bis hierher und nicht weiter, — hier sollen sich legen deine stolzen 
Wellen. — Ich glaube an den Allgerechten, der den Frommen läßt das 
Licht aufgehen in der Finsternis und Freude den redlichen Herzen." 
*) Es war irrt Jahre 1813.
	        
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