Vom westskl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 169
dem Stolze und Hochmuth vorgebeugt werden. Latein sollte er gar
nicht lernen, aber Französisch und Deutsch. In der Geschichte mußte
besondere Rücksicht auf die Ereignisse des hohenzollernschen Hauses und
des preußischen Staates genommen und die körperliche Ausbildung durfte
nicht vernachlässigt werden. „Absonderlich haben beide Hofmeister siich ^ng"u»d'
äußerst angelegen sein zu lassen, Meinem Sohne die wahre Liebe zum gDtte§füv^=
Soldatenstande einzuprägen und ihm zu imprimiren, daß nur der Degen tls ei’ä°9eiL
einem Prinzen Ruhm und Ehre zu geben vermag und Er vor der
Welt ein verachteter Mensch bleiben würde, wenn Er solchen nicht
gleichfalls liebte und die einzige Gloria in demselben suchte." Über¬
haupt suchte der König dem Kronprinzen Geschmack an allen seinen
eigenen Lieblingsneigungen einzuflößen und denselben so viel als möglich
sich selbst und seiner Gesinnung ähnlich zu machen. Darum mußte der
Kronprinz die soldatischen Uebungen bis zum Ueberdruß mitmachen; er
sollte die Wissenschaften gering achten, mit Musik keine Zeit verlieren, __
dagegen viel reiten, jagen und die Parade besuchen. Des Abends Collegium/
versammelte der König einen Kreis vertrauter Männer um sich. In
dieser Gesellschaft, „dem Tabaks-Collegium", wurde aus holländischen
Thonpfeifen geraucht, Bier getrunken und frei über gelehrte und unge¬
lehrte Dinge geplaudert. Hier sagten gewöhnlich die königlichen Prin¬
zen*) dem Vater gute Nacht. Auch an dieser Liebhaberei des Vaters
mußte der Kronprinz später als wirkliches Mitglied der Gesellschaft
Theil nehmen.
Allein in vielen Dingen zeigte sich bald eine gänzliche Verschieden- ^
heit zwischen dem Könige und dem Kronprinzen. Die Liebhabereien dem Könige
des Vaters waren dem Sohne zuwider, die Beschäftigungen des Sohnes
mit französischer Literatur, mit Musik, besonders mit der Flöte, mit
Schachspiel, fein Wohlgefallen an französischer Tracht, seine Locken, seine
Haltung, seine Manieren mißfielen dem Könige. „Fritz ist ein Quer¬
pfeifer und Poet", rief der Vater oft im Unwillen aus, „er macht sich
nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben."
Dem Kronprinzen wurde das Leben am Hofe des Vaters immer uner¬
träglicher, da der König absichtlich jede Gelegenheit aufsuchte, den Sohn
zu kränken und zu mißhandeln. Als aber der König sogar verlangte,
Friedrich solle dem Throne entsagen, entgegnete ihm Friedrich, er wolle
sich eher den Kopf abschlagen lassen, als sein gutes Recht ausgeben.
*) Friedrich der Große hatte noch drei Schwestern, Friederike Wilhelmme,
Philippine Charlotte und Amalie, und drei Brüder, Friedrich Wilhelm,
Heinrich und Ferdinand.