18
Aus der deutschen Vorzeit.
zu unterwerfen. Da Cäsar den gleichen Plan verfolgte, so forderte
er (58 v. Chr.) den germanischen Heerführer zu einer Unterredung
auf, erhielt aber die stolze Antwort, wenn Cäsar etwas von ihm
verlange, möge er zu ihm kommen. Cäsar eilte hierauf zu Ariovist
und stellte ihm vor, er habe kein Recht, Gallien an sich zu reißen
und als unumschränkter Herr daselbst aufzutreten. Allein Ariovist
entgegnete ruhig: „Das Recht des Kriegs beanfpruche ich ebenso,
wie es die Römer thun. Ich hindere die Römer in der Ausübung
ihres Rechtes nicht, darf also billigerweise verlangen, daß sie mich
in dem meinigen auch nicht stören." Der Krieg war deshalb un¬
vermeidlich. Cäsar aber erstaunte nicht wenig, als er die Furcht
seiner Soldaten und Hauptleute vor den riesigen Germanen bemerkte.
Rasch ries er seine Soldaten zusammen, sprach ihnen Mut ein und
erinnerte sie an Roms Siege bei Aix und Vercellä. „Und wenn
das ganze Heer mich im Stiche läßt, so greise ich den i^eind mit
meiner Leibwache, der zehnten Legion, an und werde mit ihr siegen
oder sterben", schloß er drohend. Neuer Mut beseelte die römischen
Krieger. Eines Tages erfuhr Cäsar, daß die deutschen Priesterinnen
dem Ariovist warnend untersagt hatten, eine Hauptschlacht vor dem
Neumond zu wagen. Sofort ließ er das Lager seines Gegners bei Mül¬
hausen im Elsaß stürmen. Die Germanen wehrten den feindlichen An¬
drang nach Kräften ab, als sie aber sahen, daß sie nicht stand halten
konnten, ergriffen sie schleunigst die Flucht in der Meinung, die Götter
zürnten ihnen wegen des begonnenen Kampfes, und eilten an den Rhein.
Viele ertranken im Strome; Ariovist selbst entkam auf einem Kahne
und erschien nie wieder in Gallien. Cäsar wagte es nicht, die Flüch¬
tigen zu verfolgen und in ihren dichten, undurchdringlichen Wäldern
aufzusuchen. Er eroberte von 58—50 vor Chr. ganz Gallien, schlug
auch zweimal Brücken über den Rhein, der damals Gallien von
Germanien schied, aber mehr um die Germanen von einem Angriffe
auf Gallien abzuschrecken, als um rechtsrheinische Eroberungen zu machen.
Drusus und Tiberius. Unter der Regierung des Kaisers Augustus
hatten dessen Stiefsöhne Drusus und Tiberius die Länder südlich
von der Donau dem römischen Reiche unterworfen. Rhein und Donau
bildeten jetzt die Grenze zwischen Germanien und Rom. Da aber
die Germanen häufig über den Rhein setzten, die römischen Unterthanen be¬
unruhigten und dann mit Beute reich beladen wieder in ihre Wälder zurück¬
kehrten, so beschloß Drusus, sie in ihrem Lande auszusuchen und
zur Ruhe zu zwingen. In vier Feldzügen wandte er steh m den
fahren 12—9 v. Chr. zunächst gegen die Völkerstämme, welche