§. 42. Wissenschaft und Kunst.
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begonnen und 1880 vollendet wurde, die Stephanskirche in Wien,
der Dom zu Erfurt und viele andere sind in diesem edeln Stile erbaut.
Bildnerei und Malerei. Die ersten Spuren bildender Kunst
finden sich als Wandmalereien in den Katakomben in Rom
und Neapel; Ravenna besitzt die am besten erhaltenen Mosaikbilder.
In Deutschland erscheinen sie zu den Zeiten der Karolinger und erinnern
bei aller Unvollkommenheit an die antike Technik. Im 11. Jahrhundert
wurde die Einwirkung der byzantinischen Kunst in dem architektonischen
Charakter der Kunstwerke bemerkbar: symmetrische Strenge bei dem
Streben, die Form der Gestalten in scharfer und bestimmter Weise
zu fassen. Die menschliche Gestalt erscheint nach toten, mathematischen
Gesetzen entworfen, lang gedehnt, die Verhältnisse der Körperteile
sind verfehlt, und das Nackte ist unvollkommen ausgebildet. Die
Gewänder sind in lange, einfache Falten gelegt. Die Malereien
der karolingischen Zeit zeigen saftige, mit unsicher geführtem Pinsel
ausgetragene Farben, in der folgenden byzantinischen Periode feine,
saubere Ausführung in trockener Farbe und können nur als kolorierte
Zeichnungen betrachtet werden. Die Kunst der Mosaikmalerei,
die im Abendland erloschen war, wurde in Italien nach byzantinischem
Muster erneuert, gelangte jedoch erst im 12. und 13. Jahrhundert
zu freierer und selbständigerer Ausbildung. Mit dem Schlüsse des
12. und dem Anfange des 13. Jahrhunderts trat in Deutschland
ein bedeutender Aufschwung der bildenden Kunst ein: die gemessene
Strenge des als Grundlage beibehaltenen romanischen Stils weicht
einer tiefen Innigkeit des Gefühls und einer frommen, gemütvollen
Auffaffung. Die menschlichen Gestalten verlieren den kalten starren
Charakter und nehmen eine lebensvolle, anmutige Haltung an; die
Gesichter zeigen einen weichen, lieblichen Ausdruck; die Schultern
sind jedoch mit den eng anliegenden Armen oft zu schmal gehalten,
die Hände erscheinen zuweilen verdreht. Die Gewänder fließen in
langer, weich geschwungener Faltung. Im Laufe des 13. Jahr¬
hunderts macht sich der Einfluß des in der Baukunst vorherrschenden
gotischen Stils auf die Skulptur durch die demselben entlehnten
Ornamente, sowie durch ein gewisses gedehntes, manieriertes Wesen
bei den Figuren geltend. Die Malereien gotischen Stils sind bis
zur Mitte des 14. Jahrhunderts noch einfach kolorierte Umri߬
zeichnungen , und erst später gelangt dieser Kunstzweig zu höherer
Ausbildung und Bedeutung. Die Umwandelung der Malerei, welche
in Flandern im Anfange des 15. Jahrhunderts durch die Ge¬
brüder van Eyck bewirkt wurde, denen die Vervollkommnung und