Full text: Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

§. 42. Wissenschaft und Kunst. 
303 
begonnen und 1880 vollendet wurde, die Stephanskirche in Wien, 
der Dom zu Erfurt und viele andere sind in diesem edeln Stile erbaut. 
Bildnerei und Malerei. Die ersten Spuren bildender Kunst 
finden sich als Wandmalereien in den Katakomben in Rom 
und Neapel; Ravenna besitzt die am besten erhaltenen Mosaikbilder. 
In Deutschland erscheinen sie zu den Zeiten der Karolinger und erinnern 
bei aller Unvollkommenheit an die antike Technik. Im 11. Jahrhundert 
wurde die Einwirkung der byzantinischen Kunst in dem architektonischen 
Charakter der Kunstwerke bemerkbar: symmetrische Strenge bei dem 
Streben, die Form der Gestalten in scharfer und bestimmter Weise 
zu fassen. Die menschliche Gestalt erscheint nach toten, mathematischen 
Gesetzen entworfen, lang gedehnt, die Verhältnisse der Körperteile 
sind verfehlt, und das Nackte ist unvollkommen ausgebildet. Die 
Gewänder sind in lange, einfache Falten gelegt. Die Malereien 
der karolingischen Zeit zeigen saftige, mit unsicher geführtem Pinsel 
ausgetragene Farben, in der folgenden byzantinischen Periode feine, 
saubere Ausführung in trockener Farbe und können nur als kolorierte 
Zeichnungen betrachtet werden. Die Kunst der Mosaikmalerei, 
die im Abendland erloschen war, wurde in Italien nach byzantinischem 
Muster erneuert, gelangte jedoch erst im 12. und 13. Jahrhundert 
zu freierer und selbständigerer Ausbildung. Mit dem Schlüsse des 
12. und dem Anfange des 13. Jahrhunderts trat in Deutschland 
ein bedeutender Aufschwung der bildenden Kunst ein: die gemessene 
Strenge des als Grundlage beibehaltenen romanischen Stils weicht 
einer tiefen Innigkeit des Gefühls und einer frommen, gemütvollen 
Auffaffung. Die menschlichen Gestalten verlieren den kalten starren 
Charakter und nehmen eine lebensvolle, anmutige Haltung an; die 
Gesichter zeigen einen weichen, lieblichen Ausdruck; die Schultern 
sind jedoch mit den eng anliegenden Armen oft zu schmal gehalten, 
die Hände erscheinen zuweilen verdreht. Die Gewänder fließen in 
langer, weich geschwungener Faltung. Im Laufe des 13. Jahr¬ 
hunderts macht sich der Einfluß des in der Baukunst vorherrschenden 
gotischen Stils auf die Skulptur durch die demselben entlehnten 
Ornamente, sowie durch ein gewisses gedehntes, manieriertes Wesen 
bei den Figuren geltend. Die Malereien gotischen Stils sind bis 
zur Mitte des 14. Jahrhunderts noch einfach kolorierte Umri߬ 
zeichnungen , und erst später gelangt dieser Kunstzweig zu höherer 
Ausbildung und Bedeutung. Die Umwandelung der Malerei, welche 
in Flandern im Anfange des 15. Jahrhunderts durch die Ge¬ 
brüder van Eyck bewirkt wurde, denen die Vervollkommnung und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.