§. 11. Die Langobarden.
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weibliche Arbeiten verrichten. „Ja," soll der gekränkte Exarch von
Ravenna geantwortet haben, „ich will der Frau Kaiserin einen Faden
spinnen, den sie, derweil sie lebt, nicht wird abwickeln können."
Narses soll sofort Boten mit allerlei schönen Früchten und Erzeug¬
nissen des herrlichen Italiens an die Langobarden gesandt und sie
eingeladen haben, von Italien Besitz zu nehmen. Diese erschienen 568.
§. 11. 3)ie £ango6ßt(fen.
Die Langobarden wohnten ursprünglich an der langen Börde
auf dem linken Elbufer zwischen Magdeburg und Lüneburg und waren
ein kriegerisches, raublustiges und kräftiges Volk. Aus unbekannten
Ursachen verließen sie ihr Heimatland und nahmen ihren Wohnplatz in
Mähren und Ungarn, wo ihnen Kaiser Justinian 548 Land anweisen
ließ. Hier führten sie unter ihrem König Alboin, einem kühnen,
ritterlichen Fürsten, mit den benachbarten Gepiden blutige Kriege, welche
mit der Niederlage der letzteren endigten. Alboin tötete ihren König
Kunimund und benutzte dessen Schädel fortan als Trinkschale; sein
Name wurde seitdem weit und breit gefeiert und seine Tapferkeit in
Liedern gepriesen. Rosamunde, die Tochter des letzten Gepiden-
königs, wurde Alboins Gemahlin und Königin der Langobarden.
Als Narses die Oberleitung im Kriege mit den Ostgoten über¬
nommen hatte, wandte sich derselbe an Alboin und bat um den Bei¬
stand der Langobarden. Mit großer Bereitwilligkeit schickte derselbe
eine auserlesene Schar, welche nach dem Ende des Krieges reichlich be¬
schenkt zu Alboin zurückkehrte. Nachdem Narses in Ungnade gefallen
war, wandte er sich abermals an die Langobarden und bot ihnen
Italien an. Freudig erschien Alboin mit seinem Volke und 20 000
verbündeten Sachsen 568 in Oberitalien, deckte sich den Rückzug über
die Alpenpässe durch starke Besatzungen und eroberte in kurzer Zeit
die meisten Städte Oberitaliens. Nur Pavia leistete hartnäckigen
Widerstand und wurde erst nach dreijähriger Belagerung erobert.
Fortan war Pavia die Hauptstadt des Langobardenreiches. Dieses
umfaßte einen großen Teil Italiens. Nur was mit der Flotte be¬
schützt werden konnte, blieb unter der Oberhoheit des oströmischen
Kaisers, so Venedig, das von einem Dogen (Herzog) geleitet wurde,
das Exarchat Ravenna, Genua, Rom, welches unter der geistlichen
Leitung des Papstes fast selbständig geworden war, Neapel und
Sizilien. Der Zug der Langobarden nach Italien war der letzte
der Völkerwanderung.