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Erste Periode des Mittelalters.
Alboin konnte die Eroberung Italiens nicht vollenden. Bei einem
Gastmahle zu Verona nötigte er unbesonnenerweise seine Gemahlin,
aus dem Schädel ihres Vaters zu trinken. Rosamunde schwur in
ihrem Schmerze Blutrache, und im Verein mit Alboins Schildträger
Helmichis überfiel sie ihren Gemahl und erschlug ihn 573. Helmichis
und Rosamunde, welche vor dem erbitterten Volke fliehen mußten,
fanden Schutz und Aufnahme bei dem Nachfolger des Narses, Lon¬
ginus, welcher in dem Exarchat Ravenna im Namen des griechischen
Kaisers gebot. Longinus trug Rosamunden seine Hand an und ver¬
anlaßte dieselbe, den Helmichis aus dem Wege zu räumen. Sie reichte
ihm einen Becher mit Gift, als er vom Bade kam; aber Helmichis
spürte alsbald die tödliche Wirkung und zwang mit gezücktem Schwerte
die Giftmischerin, den Rest zu leeren. So starben beide zu gleicher
Zeit. Alboins Tochter und seine Schätze sandte Longinus nach
Konstantinopel.
Alboins Nachfolger Kleph wurde nach 18 monatlicher Regierung
ermordet. Nun blieben die Langobarden 10 Jahre ohne König. Als aber
die Unordnung im Reiche überhand nahm, wählten sie 584 Autharis,
den Sohn Klephs, zum König, welcher Theodelinde, die Tochter
eines Herzogs der Bojoarer (Bayern) ehelichte. Als Autharis um
Theodelindes Hand werben ließ, war er, wie erzählt wird, selbst verkleidet
unter der Gesandtschaft. Auf seinen Wunsch reichte sie ihm den
Willkommsbecher; beim Zurückgeben drückte er die Hand der Braut
und streichelte ihr die Wange, ohne sich jedoch zu erkennen zu geben. Die
Bayern geleiteten ihn bis zur Grenze seines Landes. Da warf er
mit gewaltigem Schwung seine Streitaxt in einen frei stehenden
Baum, und alle sahen und gestanden, so werfe nur Autharis, der
Langobardenkönig. Theodelinde wurde nach dem Tode ihres Gatten,
der früh starb, dem Volke eine weise Herrscherin und erwarb sich die
Gunst desselben in dem Grade, daß ihr gestattet wurde, einen Gatten
frei zu wählen, der als König anerkannt werden sollte. Sie wählte
den tapfern Herzog Agil ul f von Turin. Da sie katholischen
Glaubens war, so unterhielt sie lebhaften Verkehr mit dem damaligen
Papste Gregor I. dem Großen in Rom. Dieser entflammte
dermaßen ihren religiösen Eifer, daß sie nicht eher ruhte, bis die
Langobarden der arianischen Lehre entsagten und die katholische Lehre
annahmen, die nun allgemein zur Geltung kam.
Das Reich der Langobarden wuchs immer mehr; 752 fiel
ihm auch das Exarchat von Ravenna zu. Das Land wurde in Herzog¬
tümer und Markgrafschaften geteilt und gut angebaut; aber die besiegten