Full text: Kleines Lehrbuch der Geographie (Ausg. B)

142 Süd-Europa. 
schafe, in Verfall geraten ist, steht die spanische Wolle an Güte der deutschen und 
der englischen nach. — Der Süden und die Mittelmeerküsten, wo der Negeufall 
aus die Wintermonate beschränkt ist, haben immergrüne Gewächse, jedoch ruht iu 
der Sommerdürre der Pflanzenwuchs zwei Monate gänzlich. In Andalusien sogar 
Zuckerrohr und Bananen und in Valencia, bei Elche, ein prächtiger Wald von 
Dattelpalmen-, unter den Waldbäumen steht die Korkeiche obeuau. Weiu in 
allen Provinzen beider Reiche. Die dürren Felsgehänge sind die Welt der genüg- 
samen Ziegen^, und in der Sierra Nevada gibt es Bauern, die 3—50W Stück 
besitzen. Viel Ziegenkäse. V 
' Die wichtigste aller Nahrungsquellen auf der Halbinsel ist die Landwirt- 
schaft, von der noch heute etwa 7/s der Bevölkerung leben, doch befindet sie sich 
in trauriger Notlage. Die Viehzucht liefert außer Schafeu und Ziegen Maultiere 
und Efel von vorzüglicher Güte, dazu die mutigen Stiere, die den Schankäinpfen 
zum Opfer fallen und namentlich in Andalusien in großen Gehegen gezüchtet 
werden; Geflügel-, Seidenraupen- und Bienenzucht. Die bedeutendsten Ausfuhr- 
gegenstände sind Wein, Südfrüchte und mitteleuropäische Obstarten, Kastanien, 
Kork, Olivenöl und Efparto-Gras. Der Bergbau liefert reichlich Eiseu, Kupfer, 
Blei, Quecksilber, Silber, Schwefel, Steinkohlen, Stein- und Seesalz. — 
Gewerbe, Haudel uud Schiffahrt sind — abgesehen von Wein, Blei, Knpser 
und Eisen — für den Großhandel nicht von wesentlicher Bedeutung. 
Geschichte. Augelockt durch die Reichtümer der Halbinsel, besonders das 
Silber, trachteten frühzeitig die Handelsvölker an den Gestaden des Mittelmeeres 
uach ihrem Besitz. Die ältesten Ansiedelungen gründeten die Phönizier an der 
fruchtbaren S.-Küste (Gades); dauach setzten sich die Karthager hier fest, 
wurden aber von den Römern verdrängt, die nach Besiegung der Ureinwohner, 
der zum Teil mit eingewanderten Kelten vermischten Iberer, bis in die Zeit 
der Völkerwanderung Herren des Landes blieben. Im 5. Jahrh. mußten sie den 
Westgoten weichen und 3 Jahrh. später diese wieder den ans Afrika herüber- 
gekommenen Araberu. Nur in den astnrischen Gebirgen erhielten sich Reste 
christlicher Bevölkerung; sie gingen zum Angriffe vor, nachdem Karl d. Gr. das 
Land zwischen Pyrenäen und Ebro (Spanische Mark) gewonnen hatte; aber 
erst in demselben Jahre, als Columbus eine neue Welt entdeckte (1492), erlag 
das letzte maurische Königreich Granäda der vereinigten Macht von Castilien 
und Aragon. Über ein Jahrh. war seitdem das geeinte Spanien die erste 
Macht, „ein Reich, in dem die Sonne nicht unterging", aber schon längst ist es 
von seiner Höhe herabgesunken, der unglückliche Krieg gegen die Union (1898) 
hat ihm nur feine afrikanischen Kolonien belassen, und jetzt schmachtet es unter- 
trostlosem Steuerdrucke. — In ähnlichem Grade gilt dies von Portugal. Gleich 
Spanien hatte es im 16. Jahrh. feine Macht- und Blütezeit, als Könige unv 
Prinzen, Seefahrer, Kriegshelden und Dichter dem Volke höheren Schwung ver- 
lieheu und beive Staaten sich in die Herrschaft der Erde teilten. 
Bevölkerung. Spanier und Portugiesen silld aus der Vermischung 
der Ureinwohner mit den genannten Einwanderern entstanden, nur ist 
bei den Portugiesen noch französisches Blut hinzugekommen. Der N. 
Spaniens zeigt vielfach den Einfluß germanischen Blutes, der S. mehr 
maurisches Gepräge. Einen durch Sprache, Sitte, Umwhängigkeitssinn 
und Unternehmungsgeist merkwürdigen Überrest der ältesten Bevölkerung 
bilden die Basken, „die ältesten und wahrhaftigsten Spanier", im am- 
1 Die Häute der Ziegen dienen zur Verfertigung der inwendig ^mit weißem Pech 
ausgegossenen Schläuche, in welchen der Wein über Land geht; eine Sitte, die indessen 
ausstirbt.
	        
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