Die Alpen,
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Geologische Bildung. Ein Jnnengürtel kristallinischen Urgesteins
geht vom Golfe von Genna bis in die Vorberge an der Ungarischen Ebene. Ihm
vorgelagert sind die beiden Gürtel der Kalkalpen, einer an der w. und der
it. Änßenseite, der andere im S. vom Langensee (Lago maggiore) an, beiderseits
bis an das Ostende. Jedoch bilden auch in den Kalkalpen altkristallinische Ge-
steine die Grundlage, und vielfach durchbrechen sie selbst als Gipfel die Kalk-
decke. Im Etschgebiete bedeutende vulkanische Durchbrüche porphyrischen Ge-
steins und ihnen benachbart die Dolomiten, d. i. rötliches Kalkgestein alter
Korallenriffe.
Die Alpen sind ein echtes, aber verhältnismäßig junges Faltengebirge, ent-
standen durch seitlichen Schub, der vom absinkenden Boden nnter dem jetzigen Po-
Lande (f. S. 149) ausgeübt wurde. Dieser Schub hat an der italischen Seite viel
steilere Böschungen geschaffen als an der deutschen Außenseite, so daß das Hochgebirge
voni Dache des Mailänder Domes aus viel großartiger erscheint als von München.
Daß die Falten nicht gleichmäßig geschoben, sondern vielfach verbogen wintert, rührt
von dem Bestehen älterer Massive her, so von einem Teile der französischen Mittel-
gebirge, Vogesen-Schwarzwald und dem böhmischen Massiv. ^S. die Karte S. 186.)
Die Hebung trat erst ein, als die Sinkstoffe des Meeres das Urgestein bereits mit
dem Gestein der jetzigen Kalkalpen überlagert hatten.
Die grauen Kalkalpen sind in ihren oberen Teilen in Hörner und Nadeln zer-
fressen, das Urgestein zeigt mächtige und mehr abgerundete Formen, deren obere
Teile in die feierlich ernste Welt des ewigen Schnees übergehen. Seine Felder
laufen an ihren unteren Enden in Gletscher aus, die bis etwa 1000 m hinab¬
reichen und die nur im Winter gesperrten Wasserbehälter Mitteleuropas bilden. Über
Gletscherbildung s. S. 53s. Die Dolomiten sind höchst wunderbar in massige
Türme, Pfeiler und Dome gegliedert.
Höhenstufen. Da die Alpen nach der Lombardischen Tiefebene steil abfallen, so
finden sich 1. Voralpen zumeist nur an der Außenseite des Alpenbogens. Ihre
Täler find dicht mit dauernden Wohnungen besiedelt, sie haben noch Kornfelder und
dichten Laub-, namentlich Buchenwald, höher hinauf Nadelholz. Sie bilden vielfach
eine breite erste Staffel. 2. Mit 1600—1800 m erlischt der Baumwuchs, an seine
Stelle tritt das am Boden hinkriechende Knieholz der Legföhren (f. Buntbild S. 248),
und von hier an steigen mit steilen Wänden die Mittelalpen hinauf zur zweiten
Staffel, den eigentlichen Alpen oder Almen, d. f. Wiesen oder Weiden, die mit
einem dichten Teppich von Gräsern und Alpenrosen bedeckt siud. Alpenwirtschaft,
statt der Winterwohnungen Sennhütten. Mtt 2500 m beginnen 3. die Hochalpen
mit ihren Schnee- und Eiswüsten. Schutthalden und düsteren Steilwänden. — Von
den bekanntesten Charaktertieren der Alpen sind Bär, Steinbock und Lämmergeier
sehr selten geworden, das Murmeltier am häufigsten in den Ötztaler Alpen, die
Gemse, gut geschont, zahlreich in den Ostalpen, der Steinadler überall zu Hause.
Besonders reich ist die Talbildung. Eine wichtige Furche von Längs-
tälern läuft vom Genfer See bis nahezu ans Ostende! das Rhönetal bis zur
Quelle, das Tal des Vorderrheins, das Jnntal bis Kufstein, das Pinzgan an
der oberen Salzach und das Tal der oberen Enns. Die wichtigsten Qnertüler
werden durchströmt von der Renß, dem Rhein von Chnr bis zum Bodensee und
von der Etsch mit der Eisak.
Da die Täler und namentlich ihre oberen Endpunkte einander sehr nahe ge-
rückt siud, bleibt im W. durchweg nur ein schmaler Grat bei der Durchquerung
des ganzen Gebirges zn tibersteigen; im O. siud gewöhnlich mehrere Ketten zu
überwinden.
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