Preußens Demütigung. 99
werden könnte, würde den Zweck doch verfehlen. Das Maß unsres Un¬
glücks wird noch durch eine ansteckende Ruhr, die viele Menschen hinweg-
gerafft, und durch eine allgemeine Viehseuche gehäuft. Das Schicksal
dieser Provinz ist nnausdrückbar unglücklich. Wenn diese harte, demüti¬
gende Lektion uns nicht klüger macht, dann ist die Hoffnung auf ewig
verloren.
Ich war beauftragt, die Freilassung der gefangenen Offiziere bei
Marschall Soult zu reklamieren. Die Sache schien ihm fremd, er fand
es aber billig, und ich erwarte das Resultat. Mehr Schwierigkeit macht
er mir wegen des Kantonnements des Blücherschen Korps, wir debattieren
noch, der Gewalt muß ich aber weichen; leider eine traurige Art der
Vermittlung. Meine Lage ist, wie Sie leicht erraten sönnen, hier höchst
unangenehm. Nur meine Dankbarkeit und Anhänglichkeit an den König
und der Wunsch, soviel als meine Kräfte vermögen, nützlich zu sein,
können mich bewegen, alle die Grobheiten und Demütigungen zu ertragen,
die ich täglich anhören muß- Meinem Gott will ich danken, wenn ich
aus diesen Verhältnissen mit Ehre heraus bin Ich fürchte sehr,
lieber Freund, wir sind noch nicht bei dem letzten Akt der Tragödie.
Stralsund ist nur noch übrig. Es scheint, daß der Teufel mit dieser
Nation im Bunde steht, und daß unser Herrgott sich um nichts mehr
kümmert.
Die Truppen, so hier stehen, sind schon und, wie sich von selbst
versteht, gut ausgefüttert. Es ist zu bewundern, mit welcher Genauig¬
keit sich der Dienst bei den Franzosen macht; sie exerzieren von Morgen
bis Abend. Sie wissen, wie ich die Franzosen lieb habe, können sich
also leicht denken, in welcher Stimmung ich bin, da ich immer unter
ihnen sein und noch dazu dem Teufel eine Kerze anstecken muß, um hier
und da etwas los zu eisen. Persönlich sind sie sehr artig; offiziell muß
ich aber Dinge verschlucken, die mir allemal Zuckungen in der Faust ver¬
ursachen. Übrigens ist auch nicht alles Gold bei ihnen, was glänzt; sie
kochen mitunter sehr mit Wasser; nur ein unbegrenztes Glück ist auf ihrer
Seite und ein guter, gewaltiger Kopf an der Spitze, der obenein keinen
Gegner findet. York."
Inhaltsangabe.
Übersicht.
Preußens Demütigung.
1. Die Ursachen des Krieges.
2. Der Verlaus des Krieges.
a) Der unglückliche Anfang und der Heldentod Louis Ferdinands bei
Saalfeld.
b) Der Unglückstag von Jena und Auerstädt.
c) Die schmachvolle Übergabe der Festungen.
d) Retter der preußischen Ehre im namenlosen Unglück:
1. Der kühne Zug Blüchers.
2. Die tapfere Haltung Kolbergs. Nettelbeck und Gneisenau.
e) Die Flucht der königlichen Familie.
f) Preußens völlige Niederlage.
g) Der schmachvolle Friede zu Tilsit.
1. Die Bitten der edlen Königin um einen milden Frieden.