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Australien und Polynesien.
mit gewaltigen Gletschern st die bis 215 m Meereshöhe hinabreichen, Klüften und Abgründen
von ungeheurer Tiefe, aus denen eiskalte Ströme hervorbrechen: ein vollkommenes Hoch¬
gebirge mit vielen Schönheiten der Alpenwelt, daher die „australische Schweiz" zubenannt.
Unter den zahlreichen Gipfeln, die weit über die L>chneegrenze emporragen, erhebt sich
der Cook-Berg bis zur Hohe der Wildspitze (3770 m). Langgestreckte Seen füllen die
Täler, ähnlich wie im^skandinavischen Gebirge. An dieses erinnern auch die tiefeinge¬
schnittenen Fjorde im S.W.,^wo dichte Bewaldung den Zugang erschwert und das unmittel¬
bar dahinter aufsteigende Schneegebirge einen gewaltigen Hintergrund bildet. — Die
kleinere, viereckige N.-Jnscl, der „Fisch des Maui"st bildet einen Hauptherd vulkanischer
Tätigkeit. Bei geringeren Gipfelhöhen (aber doch bis zu 2800 m) offenbart sich hier eine
Welt verborgener Kräfte in noch tätigen (neben zahlreichen erloschenen) Vulkanen, in
kochenden Springquellen, die an Reichtum der Erscheinungsformen die isländischen Geysir und
das Nellowstone-Gebiet (s. S. 138) weit übertreffen, in Solfataren, Dampfquellen, terrassen¬
förmigen, von heißem Wasser erfüllten Kalksinterbecken, Schlammvulkanen usw., besonders
merkwürdig im „Seendistrikt" (heißen und kalten» des kleinen, vielgebuchteten Rotomahana,
jedoch hier zum Teil 1886 zerstört durch den Ausbruch des Tarawera. In der Mitte der
Insel der blaue schildförmige Taupo-See, größer als der Bodensee, zwischen weißen
Bimssteinklippen, aus denen Dampfsäulen und warme Springquellen hervorbrechen.
Das Entzücken aller Beschauer erregt die Pflanzenwelt: üppige Moose, grünes
Waldesdickicht, Baumriesen, Baumfarne mit feingefiederten, lichtgrünen Wedeln, dichtes
Strauchwerk, Bäume vom Netzwerke der Lianen umzogen, die „Königin des Waldes",
die tiefdunkle Kauri-Fichte (schon aus die N.-Insel beschränkt), bis 60 w hoch, die das
wertvolle Kauri-Harz liefert3, die Rota, die malerisch ihre Arme um den Stamm der
älteren Genossen schlingt, der hochgeschätzte neuseeländische Flachst Die europäischen
Kulturgewächse finden treffliches Gedeihen, und der Mangel an natürlichen Wiesen ist
durch künstliche ersetzt, so daß die Kolonie darauf gegen 20 Mill. Schafe züchtet und
1 Mill. Pferde. Einen wichtigen Ausfuhrgegenstand bildet auch hier das gefrorene
Fleisch, nämlich 1900 über 87 Mill. kg, 1898 Mill. Kaninchen und 7^ Mill. ihrer
Felle! An Bodenschätzen finden sich namentlich weitverbreitet Steinkohlen, dazu Gold
und mancherlei andere Erze. Während die weiße Bevölkernng reißend wächst, gehen
die einheimischen Maori sma-örij zurück: im Anfang des 19. Jahrhunderts über
100000, jetzt mit Mischlingen 43 000. Die kriegerischen Gewohnheiten dieses tapferen
Volkes haben vor der Übermacht der Briten weichen müssen; die Sitte des Tätowierens
besteht noch. Am dichtesten wohnen sie noch in ihren wunderlich geschnitzten Behausungen
an den warmen Quellen der N.-Insel, in denen sie kochen, waschen und baden. — Die
Jnselregierung hat eine große Zahl kleiner Nachbarinseln politisch angegliedert.
Auckl a nd jökländst unter der Breite von Malaga, auf einer Landenge der N.-Insel, das
„bimaris Corinthus des Südens", an einem der schönsten Häfen der Erde (60). —Wellington
jue'llingt'nj, Hst. von ganz Neu-Seeland, an der stumpfen S.-Spitze der N.-Jnsel (44).—
Christchurch jkristtschartschj, Mittelpunkt des Vieh- und Wollhandels, ziemlich in der Mitte
der O.-Küste der S.-Jnsel. — Dunedin jdöneddm), weiter s., unter der Breite von
Bordeaux, in der Nähe der Goldfelder, hat mit seinen Vorstädten 47 000 E.
C. Polynesien.
Die Jnselmengen von Polynesien liegen fast alle in der heißen
Zone und zwar antipodisch zum tropischen Afrika, sind zum Teil reizende
Oasen in der Meereswüste, mit gesundem Klima, dessen Hitze durch die Nähe
1 Der größte ist der Tasman-Gletscher, mit 55 qkm Oberfläche, 29 km Länge, 3,5 km Breite
größer als der Aletsch-Gletscher.
2 Dieser Gott der Maori hob nach der Sage die Insel an der Angel aus dem Meere, als jene auf
der Irrfahrt neues Land suchten.
3 Es wird überall massenhaft in der obersten Erdschicht da gefunden, wo früher Kauri-Wälder standen.
4 Phormium tenax, ein Liliengewächs, dessen meterlange Blätter die stärksten Pflanzenfasern
liefern zu Körben, Matten, Netzen, Schnüren, Segeltuch und Tauen. — Auffallend ist die große Ver¬
schiedenheit der Flora von der des Festlandes; denn beide Länder, die bis in die Tertiärzeit hinein
vereinigt waren, haben nur wenige Sträucher gemeinsam.