Palästina.
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Das Ost-Jordanland, begrenzt durch die Abhänge des Hermon und Anti¬
libanon, umfaßt weite, vulkanische Gebiete, so den steinigen Dscholän, ö. vom
oberen Jordan, weiter s.ö. die fruchtbare Weizenebene der Nükra und das
flache Haurän-Hochland. Nach O. geht dieses in die syrisch-arabische
Wüste über.
Der Hauran zerfällt in 3 natürliche Abschnitte: a) Die fruchtbare Nükra, ohne
bedeutende Anschwellungen, im W., b) das Lava-Hochland der Ledschä, im N.W., e) der
hochansteigende Dschebel (Berg)-H aurän. Der Hauran blüht durch Ackerbau, seitdem
die Drusen zur Ruhe gebracht sind, im O. geht er in eine vulkanische Steinwüste, im
9k. in ein wildbewegtes Vulkangebiet über.
Der Bau des West-Jordanlandes gleicht im ganzen einem Dache, das
sich von seinem First, der Wasserscheide, nach W. allmählich, nach O. aber
steil senkt. Nach S. lehnt sich dieses Dach in keilförmigem Vorsprunge an
das Gebirge der Sinai-Halbinsel. Nach N. verläuft es gabelförmig in das
Karmel-Gebirge (550 m) und das Gilboa-Gebirge und wird durch
die dreieckige Ebene Jesreel oder Esdrelon unterbrochen. N. von dieser
erhebt sich ziemlich steil wiederum in dachähnlicher Gestalt das Hochland
von Galiläa, mit dem TaboiN (560), das nach N. in den Libanon und
Antilibanon übergeht. —- Im W. liegt eine durch die Ablagerungen des
Meeres entstandene Ebene, unterbrochen durch den Rücken des Karmels. Die
Küste selbst ist meist flach und mit Dünen besetzt, eine „Eiserne Küste".
Das Klima ist in den einzelnen Gegenden sehr verschieden, dasjenige von Jerusalem
mit kalten Wintern und dürren Sommern nicht gerade angenehm. Die Stadt hat im
Jahresmittel 17,4° C, einen Januar von 8,6, einen August von 24,6°, die Küste ist
etwas wärmer, das Jordan-Tal tropisch. Es gibt zwei Jahreszeiten, eine regenlose
und zwei Regenzeiten, die im Oktober und November die „Frühregen", im März und
April die „Spätregen" bringen. W.-Winde bringen Feuchtigkeit und Kühle, ö. und s. Hitze
und Dürre.
Da das Land an Quellen arm ist, das Wasser der tiefliegenden Flüsse nicht aus¬
genutzt^ werden kann, so hängt seine Fruchtbarkeit wesentlich vom regelmäßigen Eintreten
der Winterregen ab, deren Wasser seit den ältesten Zeiten in Zisternen gesammelt zu
werden pstegte. Vgl. 5. Mos. 11, 10 ff. Durch künstliche Sammlung und Verteilung
des Masters kann allerdings die Fruchtbarkeit des Landes außerordentlich gehoben werden,
was im höchsten Grade in der griechischen (hellenistischen) und römischen Zeit gelungen
war. Durch den Verfall solcher Wasserbauten (Teiche, Wasserleitungen), ferner durch
lange Kriegszeiten und durch schlechte Verwaltung war Palästina bis zur Mitte des
19. Jahrh, sehr heruntergekommen. Protestantische Missionsgesellschaften und die Be¬
gründung des anglikanisch-preußischen, jetzt rein anglikanischen Bistums, 1848, ferner die
4 Niederlassungen der deutschen Tempelgesellschast (einer protestantischen Sekte aus Württem¬
berg) haben einen Wetteifer der christlichen Bekenntnisse und Völker angeregt, der nebst
der Einwanderung zahlreicher Juden dem Lande sichtbar aufhilft. Von Jafa führt nach
Jerusalem eine Bahn in 4 Stunden, ihre Fortsetzung nach Bethlehem ist im Bau, und
auf dem See Genezareth fährt ein Postdampfer, auch kleine Dampfboote auf dem Jordan
und dem Toten Meere.
Unter den Erzeugnissen steht der in der Nükra gebaute Weizen obenan; außerdem
an Getreide Gerste, Mais und Gemüse. Unter den Händen der deutschen Ansiedler ist
der Weinbau (vgl. 4. Mos. 13, 24h sehr aufgeblüht; der Wein des Landes ist vorzüglich
und wird stark ausgeführt. Die Ölbäume Palästinas geben bei sorgfältiger Bereitung
ebenso gutes Ol wie die der Provence; Nuß-, Feigen-, Orangen-, Aprikosen-, Granat¬
äpfelbäume liefern schöne Früchte.
Die Zahl der Bewohner beträgt höchstens 1 Mill. Nach der Abstammung
zerfallen sie in Franken (Europäer), Juden (65 000), Araber, die Mehr-
* Tabor hebräisch — Berg, Karmel — Baumgarten, Hermon = hervorragender Berg.