Full text: Großes Lehrbuch der Geographie (Ausg. C)

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Mitteleuropa. 
I. Das kreisrunde Becken der Seine, im W. begrenzt durch das Bergland 
der Normandie. Die meisten Gewässer von den umliegenden Bergen 
sammeln sich in der Nähe von Paris. Dies Flußnetz und die Gleich¬ 
artigkeit des Reliefs gibt dem Becken die von den Franzosen so hoch¬ 
gepriesene Harmonie. Die breite Lücke der Landschaft Be au ce, n. der 
Brückenstadt Orleans, führt nach dem 
II. Tieflande des Westens, vornehmlich Loire-Gebiet. Dazu gehört die 
eigenartige Küstenlandschast der Vendée, s. der Loire-Mündung (siehe 
S. 410). Die „Aquitanische Pforte", zwischen dem Hügellande von 
Poitou im W. und dem von Limousin im O., führt hinüber in 
III. die Ebene des Südens, die vom Ozean bis ans Mittelmeer reicht, hier 
und an der unteren Garonne reich an Wein, überhaupt der üppigste Teil 
Frankreichs. 
Die Landes, s. der Garoune-Mündung, sind ein Heidegebiet, das früher wegen der 
gestauten Gewässer sehr unwegsam und nur mit Stelzen zu durchwandern war. Die 
Tristströmung wirst die Sinkstoffe von der N.-Küste Spaniens gegen diese Gestade, und 
der trockene Sand ist zu langen Dünenketten aufgebaut, die 89 m Höhe erreichen und 
die Küstenflüsse zu Strandseen aufstauen. Die Dünen sind aber jetzt festgelegt und aus 
weite Strecken hin mit Kiefernwäldern bedeckt, aus denen Terpentin gewonnen wird. 
Volksdichte 31. — Die Flüsse der Mittelmeerküste sind fleißige Landbauer und schnüren, 
durch die Küstenströmung von N.O. her unterstützt, bis in die Nähe von Marseille durch 
ihre Sinkstoffe große Strandseen ab, hier wie in den Landes etunZs benannt, die zur 
Salzgewinnung benutzt werden. 
IV. Das Rhone-Saöne-Tal, im mittleren und n. Teile von hoher Schönheit 
und Fruchtbarkeit. 
Die Küstenebene der sonst so schönen Provence ist heiß, dürr, pflanzenarm und 
wie diese ganze Küste heimgesucht vom Fallwinde des Mistral, der eisigkalt von hem 
kälteren, schneebedeckten n. Hochlande hereinbricht und schon Eisenbahnwagen durch seinen 
Stoß umgeworfen hat! — Die Camargue ist das Dünen- und ungesunde Sumpfland 
zwischen den Armen des stetig sich ins Meer vorschiebenden Rhône-Deltas, belebt von 
Bibern und unaezähltem Wassergeflügel, unter dem die roten Flamingos prächtig her¬ 
vortreten. — O. des Deltas die Ebene Cran, übersät mit Kalkgeröll. Aber zwischen 
diesem wächst fettes, kurzes Gras, das außer im Sommer 300000 Stück Vieh ernährt. 
Die Crau geht mit raschen Schritten der Verwandlung in brauchbares Land entgegen, 
Pflanzungen aller Art breiten sich aus, durch Zypressen-Alleen gegen den Mistral geschützt. 
Bewässerung. Kein Land des europäischen Festlandes hat eine so schön 
geordnete Flußwelt, aber diese versandet jetzt in zunehmendem Maße. Zu¬ 
gleich begünstigen die Richtung der Flüsse, die Aufgeschlossenheit des französischen 
Mittelgebirges und die überall Lücken und Senkungen darbietenden Wasser¬ 
scheiden die Anlage künstlicher Schiffahrtswege, mit denen das ganze Land über¬ 
zogen. ist. (Vgl. damit die beiden Nachbarländer, Spanien und Deutschland.) 
Doch auch das großartige Kanalnetz von 4800 km leidet unter der Wasser- 
armut der Flüsse und genügt schon nicht mehr den Ansprüchen des großen 
Verkehrs. Indessen sind 1902 für seinen Ausbau 597 Mill. Mark bewilligt 
worden. 
Dem französischen Mittelgebirge gehören an: 
1 Von seinem Wüten soll der Name »Golfe du Lion« herrühren, während andere darin „Golf der 
Ligyer", d. i. Ligucier, sehen wollen.
	        
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