Full text: Die Grundzüge der Geographie

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in historischer Zeit tiefe Buchten in das niedere Marschland 
gerissen hat, so im dreizehnten Jahrhundert die Zuidersee 
(seuder) und den Dollart. Jetzt sind die Küsten durch Deiche 
geschützt, und das ganze Land ist von einem Netz von Kanälen 
durchzogen. Als Rest der ehemaligen Festlandsküste zieht sich 
längs der jetzigen der Bogen der Westfriesischen Inseln hin. 
Bald nachdem der Rhein Deutschland verlassen hat, spaltet 
er sich in zwei Arme, der linke heißt Waal, nimmt die Maas 
auf und mündet in mehreren Armen ins Meer; der rechte be¬ 
hält den Namen Rhein und entsendet zum Zuidersee die Ijssel 
(eißel), dann gabelt er sich nochmals in den Lek links, der mit 
der Waal in Verbindung tritt, und den Krummen Rhein rechts; von 
diesem zweigt sich die Vechte zum Zuidersee ab, der letzte spär¬ 
liche Rest mündet als Alter Rhein in die Nordsee. Die Schelde 
teilt sich in die Mündungsarme der Oster- und Westerschelde. 
Moore finden sich vielfach im Lande — das größte ist das 
Bourtanger Moor an der Ostgrenze —, in den letzten Jahren 
hat indes die Besiedelung derselben sowie die Verbesserung des 
Bodens günstige Fortschritte gemacht. 
Die Niederländer (Holländer) sind Abkömmlinge der alten 
Friesen und zu drei Fünfteln protestantisch, zu zwei Fünfteln 
katholisch; sie betreiben Ackerbau und Viehzucht, vornehmlich 
aber Handel und Schiffahrt. Der Handel des Landes, im sieb¬ 
zehnten Jahrhundert der erste Europas und durch eine starke 
Seemacht gesichert, ist zwar zurückgegangen, #ber immer noch 
bedeutend, namentlich als Zwischenhandel zwischen den Kolo¬ 
nien und den Staaten Europas. 
Im zehnten und elften Jahrhundert gehörten die Niederlande 
nebst Belgien zum Herzogtum Lothringen, später bildeten beide 
für sich allein das von Oberlothringen abgetrennte Herzogtum 
Niederlothringen; 1556 fielen sie nach der Thronentsagung Kaiser 
Karls V. an Philipp II. von Spanien. Die Niederlande,^ welche 
sich der Reformation angeschlossen hatten, sagten sich unter Wil¬ 
helm von Oranien von Spanien los (Utrechter Union 1579), er¬ 
rangen nach schweren Kämpfen ihre Unabhängigkeit, die aber 
erst im Westfälischen Frieden 1648 anerkannt würde, und gewan¬ 
nen einen ausgedehnten Kolonialbesitz auf den südöstlichen Inseln 
Asiens (§ 59); von 1810 bis 1815 waren sie Frankreich einverleibt. 
Hauptstadt und erste Handelsstadt ist Amsterdam (530000 
Einw.), auf Pfählen erbaut und durch viele Kanäle (Grachten) 
zerschnitten; Haarlem, am jetzt ausgetrockneten Haarlemer 
Meer, ist durch seine Kultur von Blumenzwiebeln bekannt; 
Leyden am Alten Rhein mit altberühmter Universität; Haag 
(220000 Einw.), Residenzstadt, mit dem Seebade Scheveningen; 
Rotterdam an der Maas (340000 Einw.), zweitgrößte Handelsstadt 
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