Full text: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

116 Buch IV. Australien. II. Die australische Inselwelt. 
von Neu-Guinea woknt ein anderer schwarzer Stamm mit schlichtem, 
schwarzem Haar, die Alsurus, vielleicht Stammverwandte der Bewohner 
des Continents und ihnen gleich an thierischer Wildheit. — Den 
Außengürtel, die zerstreuten Inseln und Neu-Seelaud bewohnen 
Stämme, die durch Uebereinstimmung in Sprache und Sitte sich als 
Theile des großen von Madagaskar bis zur Osterinsel verbreiteten Volks 
der Malayen zu erkennen geben, wenngleich ihre Körperbildung höchst 
verschieden ist. Denn während z. B. die Eingebornen des Marquesas¬ 
archipels fast weiß und öfter blond sind, gleichen die Bewohner von 
Fidschi mit ihrer rußsarbenen Haut und dem krausen Haar ganz den 
Australnegern. Die Sprache aller dieser Stämme, die mitgebrachten 
Hausthiere und Pflanzen beweisen einen engen Zusammenhang mit den 
malayischen Völkern Südost-Asiens. Auch der religiöse Glaube derselben 
widerspricht eiuer gemeinsamen Abstammung nicht. Ursprünglich wurden 
nämlich von allen Inselbewohnern wohl nur wenige Gottheiten ver¬ 
ehrt, darunter namentlich Tangaloa oder Taaroa, der Schöpfer der 
Götter und Menschen. Später kam die Sitte auf, Gestorbene unter 
die Götter zu versetzen, und da man über diese neu geschaffenen Götter, 
deren Zahl sich fortwährend mehrte, und die auf den verschiedenen 
^nfelaruppen natürlich sehr verschieden waren, die alten Hauptgotter 
veraaß, so entstand daraus eine große Verschiedenheit des Glaubens der 
verschiedenen Stämme, und im Religionssystem des einzelnen Stammes 
aroße Unsicherheit und Verworrenheit, welcher durch sorgfältig beachtetes 
Ceremonienweftn nicht abgeholfen werden konnte. Die heiligen Gebrauche 
bewahrten dagegen eher ihre Uebereinstimmung. So finden wir namentlich 
überall das Tabu, eine religiöse Einrichtung, welche alles, worauf ste 
fiel) bezog oder ausgedehnt wurde, dem Gebrauche der Volksmenge entzog. 
Tabotiert waren von selbst die Tempel, die Götterbilder, he Begräbnis¬ 
stätten; indes batten die Könige und der Adel, tn denen das medete 
Volk zukünftige Götter zu sehen gewohnt war, sowie die Priester das 
Recht das Tabu nach Gutdünken auf jeden beliebigen Gegenstand zu 
leaen, was zu den ärgsten Misbräuchen Veranlassung gab. Memchen- 
opfer kamen überall vor, und daraus hat sich wohl die auf mehreren 
Inselgruppen herrschende, bis zu wahrer Feinschmeckerei ausgebildete 
Menschenfresserei entwickelt. - Ueberall stand dem niederen Volke der 
Adel und die Königliche Familie schroff entgegen, tn deren Handen aller 
Grundbesitz war. Kinder, aus Ehen zwischen Vornehmen und Gemeinen 
entsprungen, mußten getödtet werden, und dadurch ist wohl die erst 
Veranlassung, zu der Sitte des Kindermordes gegeben, die überall nt 
Sto Weise geübt wurde. - In dem Bau ihrer Hanser und 
Boote in der Anfertigung ihrer Gerätschaften und Kleider zeig en sie 
Aen hohen Grad von Kunstfertigkeit, obwohl sie, beim Mange alles 
Metalls nur mit sehr rohen Werkzeugen arbeiten konnten. Seit sun zig 
Jahren hat sich dies alles aber außerordentlich geändert, europäische 
Handelsschiffe, namentlich Walfischfahrer, die den gaitzen Oeean durch¬ 
schwärmen habeu die Einwohner mit europäischen Werkzeugen versehet 
und sie unsere Bedürfnisse kennen gelehrt, Abenteurer «11er Art b-beu
	        
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