Die Sudeten.
69
Im äußersten Osten Mitteleuropas gelegen, zeigen die Sudeten und § 45.
ihr Vorland schon gauz kontinentales Klima. Bei verhältnismäßig geringer
mittlerer Jahrestemperatur finden wir eine starke Wärmeschwankung zwischen
Sommer nnd Winter, die dnrch die niedrige Januartemperatur hervorgerufen
wird. Auf den Höhen der Sudetenkämme herrscht natürlich geringe Wärme.
Die Schneekoppe liegt bereits im Bereich einer Jahrestemperatur unter 0°.
Hier treffen wir also anch klimatisch alpine Verhältnisse, die sich wider-
spiegeln in der Flora und selbst in der Bewirtschaftung des Weidelandes.
Durch das Krnmmholz der Bergkiefer kommen wir dann abwärts in dichte
Fichtenwälder, die schließlich durch Laubwald uud Ackerland abgelöst werden.
Überall kann sich bei der reichlichen Benetzung des Landes üppige Vegetation
entwickeln. Die Sudeteu stehen zur vorherrschenden Windrichtung aus Süd-
westen uahezu senkrecht und verursachen dadurch einen erheblichen Niederschlag
an ihren Gehängen. Zugleich zeigt sich in dem Auftreten von starkem Sommer-
regen wieder der koutiueutale Charakter des Klimas. Die Flüsse habeu
nicht nur im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze, sondern auch oft im
Sommer Hochwasser. Letztere stellen sich namentlich infolge heftiger Gewitter-
regen ein, sie sind gefürchtet uud haben wiederholt durch Überschwemmungen
gewaltigen Schaden angerichtet.
Klima und Boden ermöglichen in dem deutschen Sudetengebiet eine
blühende Landwirtschaft. Aber die Ursache der hier vorhandenen dichten
Bevölkerung ist weniger in dem Ertrag des Bodens, als in der regen
Gewerbthätigkeit zu suchen.
Fast alle größeren Siedlungen sind Jndnstrieorte. In der sächsischen § 46.
Lausitz bilden Bautzen und Zittau Mittelpunkte eines großen Webereibezirks.
Textilindustrie blüht auch in Hirschberg am Fuße des Riesengebirges Sie?
sowie in Waldenburg, wo Kohlenreichtum außerdem einen bedeutenden lungcn.
Bergbau hervorgerufen hat. Görlitz, uördlich der basaltischen Laudskroue,
am Rande des Tieflandes gelegen, verdankt seine Größe vorwiegend einer
starken Wollenweberei. Hier kommt aber noch die günstige Verkehrslage in
Betracht. Die Sudeten bieten in den wiederholten Einsenknngen ihrer
Kämme mehrere bequeme Übergänge dar. Solche finden wir im Thale der
Görlitzer Neiße, im oberen Boberthal, wo sich Landshut entwickelte,
dann mehrere in der südlichen Umwallung des Glatzer Gebirgskessels, welche
sämtlich durch das Thal der Glatzer Neiße nach Norden führen. Zu
ihrem Schutze wurde die Festung Glatz errichtet. Die Laudshuter Straße
wurde durch die einstige Festung Schweidnitz verteidigt. Endlich bedingte
das Vorhandensein heilbringender Mineralquellen zugleich mit der land-
schaftlichen Schönheit der Sudetenthäler das Aufblühen von Warmbrnnn
im Hirschberger Thal, von Salzbruun im Waldenbnrger Gebirge nnd
von Land eck bei Glatz.