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Mittel-Europa.
Denkmal Hebels. Der große Maler Lessing, sonst zu Düsseldorf, jetzt hier. Vorzüg¬
liche polytechnische Schule. Bretten, östlich von Karlsruhe, Vaterstadt Melanchthons,
geboren 1497. In der Nähe (nördl.) Sickingen, wo die Stammburg des bekann-
ten Franz. - Heidelberg mit !9,900 E., bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts
Hauptstadt der Pfalz, mit berühmter Universität, herrlicher Schloßrnine und steinerner
Brücke über den 230 m. breiten Neckar. Die herrliche Lage von Heidelberg, „als der
ländlich schönsten Stadt vou Deutschland" ist bekannt*). Der gründliche Historiker
Schlosser (wer kennt nicht wenigstens sein Werk über das 18. Jahrhundert, und
seine von Kriegk herausgegebene Weltgeschichte?) war eine der Zierden der Universität;
Prof. Hüusser (gest. 1867) war würdiger Nachfolger auf seinem Lehrstuhl. Auch
Gervinns lehrte und starb hier (18. März 1871). Wein heim ist sehenswerth als
schönster Punkt der Bergstraße, und Lorsch mit den Trümmern einer Abtei, östlich
von Worms, als Verbannuugsort des letzten altbairischen Herzogs Thassilo des Agilol-
fingers; Karl der Große, der keine Herzoge in seinem Reiche dulden wollte, setzte ihn
ab. — Darmstadt, hessische Residenz, an Vorhügeln des Odenwaldes, in der Nähe
schöner, parkähnlichcr Wälder, leider an keinem Flusse. Die Stadt, halb alt und eng,
halb neu und weit, mit großen Plätzen, deren einer das hohe Sänlenmonnment des
ersten Großherzogs trägt, hat 33,800 (Sinw. Unter den neuen Gebäuden sticht die von
Moller gebaute katholische Kirche hervor, nicht gerade ihres Aenßern wegen, sondern
wegen des schönen Säulenrundes im Innern. Die Sammlungen im Schloß, sowohl
Naturalien (worunter das merkwürdige zu Eppelsheim ausgegrabene Dinotherium). als
auch Alterthümer, Gemälde und physikalische Apparate sind bedeutend, die Bibliothek
sehr ansehnlich. Bor dem Schloßgarten die Steinbilder Philipps des Großmüthigen
und seines Sohnes Georg in der Tracht ihrer Zeit; im Garten selbst aber, halb im
Grün versteckt, das Denkmal, das Friedrich der Große der Landgräfin Henriette Karo-
line (1- 1774) hat setzen lassen: eine marmorne Urne mit der Inschrift: Sexu femina,
ingenio vir. Das Denkmal ist klein; der weise König war damals doppelt sparsam,
er that alles, um die Wunden zu heilen, die der Krieg seinem Lande geschlagen. So
wenig ehemals Darmstadt bedeutete, so hatte es doch mehrere ausgezeichnete Männer
z. B. Goethes Jugendfreund Merk, den hessischen Geschichtsforscher Wenk; und jetzt kann
es des großen Chemikers Liebig, des Literarhistorikers Gervinns und mancher Künstler
sich rühmen. Der geistreiche Physiker Lichtenberg (1- 1799 zu Göttingen) war aus dem
nahe gelegenen Oberramstadt. — Trebur, 1V2 Mlu, südöstl. von Mainz, ehemals
kaiserliche Pfalz (d. h. kaiserliches Gnt mit Palast), wo Karl der Dicke von den dent-
scheu Großbeamten im Jahr 8L7 abgesetzt wurde; auch war hier 1076 die Versamm-
lung der Fürsten gegen ihren König Heinrich IV., der bald darauf nach Canoffa in
Italien ging, nm sich vor Gregor VII. zu demüthigen.
3) Links vom Rheine: Mülhausen an der Jll, mit 52,000 E., reichste Fab¬
rikstadt im Oberrheingebiete, vor der franz. Revolution ein Theil der Schweiz. —
') Scheffel an Trompeter von Säckingen" :
Alt Heidelberg, du feine, du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine kein andere kommt dir gleich:
Stadt fröhlicher Gesellen, an Weisheit schwer und Wein n. s. w.