Full text: Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit

Erzählungen. 
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Geld. Hier ist mein Geld. Mehr habe ich nicht. Habt Ihr mir 
zu viel dafür gegeben, so ist es Eure Schuld." 
Der Einfall war eigentlich nicht weit her. Es gehörte nur Un¬ 
verschämtheit dazu und ein unbekümmertes Gemüt, wie es am Ende ab¬ 
laufen werde. Aber das Beste kommt noch. 
„Ihr seid ein durchtriebener Schalk," erwiderte der Wirt, „und 
hättet wohl etwas Anderes verdient. Aber ich schenke Euch das Mittag¬ 
essen und hier noch ein Vierundzwauzigkreuzerstück dazu; nur seid stille 
zur Sache und geht zu meinem Nachbar, dem Bäreuwirt, und macht es 
bei ihm ebenso." Das sagte er, weil er mit seinem Nachbar aus Brot¬ 
neid in Unfrieden lebte, und weil einer dem anderen jeglichen Schaden 
und Schimpf gern anthat und erwiderte. 
Aber der schlaue Gast griff lächelnd mit der einen Hand nach dem 
angebotenen Gelde, mit der anderen vorsichtig nach der Thür, wünschte 
dem Wirt einen guten Abend und sagte: „Bei Eurem Nachbar, dem 
Herrn Bäreuwirt, bin ich schon gewesen, und eben der hat mich zu 
Euch geschickt und kein anderer." 
So waren tm Grunde beide hintergangen, und der dritte hatte den 
Nutzen davon. Aber der listige Kunde hätte sich noch obendrein einen 
schönen Dank von beiden verdient, wenn sie eine gute Lehre daraus 
gezogen und sich miteinander ausgesöhnt hätten. Denn Friede ernährt, 
aber Unfriede verzehrt. 
27. Die wahre Geschichte. 
G. H. von Schubert, Erzählungen. 
Ein amerikanischer Schiffskapitän befand sich mit seinem Schiffe 
aus einer Fahrt nach Ostindien, als ihn mitten auf dem Meere ein Un¬ 
wohlsein befiel. Der Schiffsarzt befürchtete einen schlagflußähulichen 
Zufall. „Wir müssen," sagte er zu den Passagieren und einigen anderen 
Schiffsleuten, „alle Mühe anwenden, um den Kapitän heut nach Tische 
gut zu unterhalten, daß er nicht in seinen gewöhnlichen, tiefen Mittags¬ 
schlaf verfällt, der ihm diesmal bei der großen Hitze sehr gefährlich 
werden könnte." 
Man that, was man konnte; jeder erzählte eine Geschichte, aber 
die meisten derselben klangen wie Lügen oder waren gar ungereimt. 
Einer erzählte von einem dreihnndertjährigen Wein, den er getrunken 
haben wollte. 
„Das ist noch nichts," sagte der Schiffskoch. In meiner Vater¬ 
stadt wurde einntsti ein verschütteter Keller aufgegraben, da fand man 
Flaschen, auf denen die Jahreszahl 900 stand; die sind also bis 1812 
912 Jahre alt gewesen." „Und wie schmeckte der Wein?" fragte der
	        
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