Full text: Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit

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Di e Erde als Weltkörper. 
äquator anlangt, d. h. im O. auf-, im W. unter-, und 90° vom Nordpol entfernt 
durch den Meridian geht. Wiederum siud Tag und Nacht gleich sHerbst-Aequinoc- 
tium). Und so dreht sie weiter südlich und erreicht am 22. December jenen entfern- 
testen Standpunkt, nämlich 23Vz° südlich des Aeqnators oder 113*/s° vom Nordpol, wo 
sie fast zu verweilen scheint (Wintersolstitium), aber nur um ihren Schraubeugang 
wieder nordwärts fortzusetzen. 
Zieht man Kreisbogen am Himmelsgewölbe, da wo die Sonne im 
Sommer- und Wintersolstitium steht, also 23'/*° nördlich und ebensoweit 
südlich vom Aequator, beide mit dem Aequator parallel, so nennt man sie 
Wendekreise oder Tropen, weil hier die Sonne sich wieder von Nord 
oder von Süd wegwendet. 
§. 4. Vorläufige Annahme des Gegentheils. 
Man hat sich viele Jahrhunderte mit diesen Beobachtungen begnügt 
und dasür gehalten, daß die Sonne sich schraubenförmig um die Erde be¬ 
wege. Der Wechsel der Jahreszeiten und manches sonst ließ sich auch daraus 
erklären. Nur blieb viel andres, als man die Bewegung der Himmels- 
körper studirte und tiefere Berechnung anstellte, noch unerklärlich, bis man 
sich fragte, ob nicht die Sonne stehe und die Erdkugel sich bewege? Daß 
die Sonne ein ungeheuer großer Körper und weit größer als die Erde sei, 
hatte man schon gemessen. Wäre die Umwälzung der Erde, sragte man, 
ein größeres Wunder als der Laus der Sonne? Sollte der Lauf der 
Sonne nicht eine Täuschung sein? so wie dem Schiffer, der bei einer Stadt 
vorüberfährt, es scheint, als wenn sein Schiff stillstehe, die Stadt sammt 
den Berghöhen aber vorüber fliege. Wir wollen uns diese Frage auch auf- 
werfen und wenigstens sehen, ob eine Umdrehung der Erde nicht gleichfalls 
die obigen Erscheinungen erkläre. 
Daß ein gewisser Punkt der Erde den Nordstern im Zenith hat, und 
ebenso der entgegengesetzte Punkt einen Südpol des Himmels, ist richtig, 
weshalb man auch diese Punkte den Nord- und Südpol der Erde nennt. 
Man denkt sich nun vom Himmelsnordpol zum Himmelssüdpol eine grade 
Linie durch die beiden Pole der Erde und nennt sie die Axe. Dreht sich 
die Erde wirklich, so kann sie natürlich nicht gegen N. sich umrollen, weil 
es sonst scheinen würde, als umkreise uns der Nordstern. Er steht aber 
unbeweglich. Folglich muß sie um die Axe sich drehen. Und da die Sonne 
von O. nach W. zu gehen scheint, so muß die Erde uach Osten umdrehend 
gedacht werden. Thun wir dies, so ist die Frage, welche Stellung gegen 
die Sonne wird der Erdball haben müssen, damit jene schraubenförmige 
Erscheinung der Sonnenbahn sich erklärt?
	        
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