II. Die deutschen Mittelgebirge. 25
b) Das Stufenland des Neckars und seine Umrandung.
Das Aönigreich Württemberg.
Umgrenzung und Verkehrslage. Das Schwäbische Stufenland wird
im Süden vom Schwäbischen Jura, im Westen vom Schwarzwald, im Norden
vom Odenwald und Spessart und im Osten von der Frankenhöhe umsäumt. Es
stellt die natürliche Verbindung zwischen Oberrhein und Donau her und wird
von der Weltverkehrslinie Paris—Konstantinopel durchschnitten. Seine Verkehrs-
läge ist sohin günstig.
Landschaft und Bodenbau. 1. Die schwäbischen Täler. In das
ausgedehnte Tafelland zwischen Schwarzwald und Frankenhöhe ist ein vielver-
zweigtes Talnetz tief eingesenkt; namentlich das Neckartal erfreut sich dank
seiner niedrigen und geschützten Lage (Stuttgart 250 m) eines gleich lieblichen
Klimas wie die Gegenden am Main und Rhein. Da überdies der Boden ertrag-
fähig und aufs sorgsamste bebaut ist, so zählt das Schwäbische Stufenland zu
den schönsten und gesegnetsten Gegenden von ganz Deutschland.
Getreide, Wein und Obst gedeihen in Fülle („Das Neckartal hat Wein und Korn")
und die freundlichen Orte und altertümlichen Städte sprechen das Gemüt in hohem
Maße an. Darum wohnt hier im Volke soviel Sangeslust, und es begreift sich, daß
das schöne Schwabenland das „Land der Dichter" geworden ist, wo Schiller, Uhland,
Schwab, Justinus Kerner, Mörike, Gerok, Hertz u. a. ihre Geburtsstätten haben.
Siedelungen. Naturgemäß folgen die ansehnlichsten Siedelungen der Haupt-
slußader des Gebietes, dem Neckar. Dieser berührt zunächst die württembergische
Bischofsstadt Rottenburg und die freundlich gelegene Universitätsstadt Tübingen,
wird aber alsbald durch die Ausläufer des Jura nach Norden abgelenkt. Zu diesem
Nußknie zieht von Ulm her die Albstraße über Geislingen und Göppingen,
ersteres bekannt durch seine geschmackvollen Christoflewaren, letzteres durch Webereien
und Maschinenbau. Nahe der Vereinigung beider Straßen liegt das gewerbtätige
Eßlingen, die erste Fabrikstadt des Landes, mit Lokomotivenbau; dann folgt in dem
überaus reizvollen Seitentale des Nesenbachs Stuttgart, 250000 Einw., wohl die
schönstgelegene Residenzstadt Süddeutschlands, umrahmt von waldgekrönten Höhen,
blumenreichen Gärten, Weinbergen und Villen. Stuttgart ist auch der Sitz einer an-
sehnlichen Industrie und der Mittelpunkt des süddeutschen Buchhandels. Dicht bei
Stuttgart liegt die Badestadt Cannstatt. Nördlich davon Ludwigsburg, ehedem
auch Residenz. Durch den Zufluß von Kocher und Jagst wird die Dampfschisfahrt
auf dem Neckar wesentlich begünstigt, doch gehen die Schiffe bis Heilbronn
herauf, das deshalb ein Hauptstapelplatz des Verkehrs und nach Stuttgart Württem-
bergs ansehnlichste Handelsstadt ist. Heilbronn, dann auch Hall am Kocher besitzen
reiche Salzlager, Gmünd, nahe dem Hohenstaufen, erzeugt Edelmetallwaren. Schwabens
alte und höchst mannigfaltige gewerbliche Tätigkeit knüpft sich hauptsächlich an den
Flußfaden des Neckars.
2. Die Gebirge Schwabens. Weniger fruchtbar sind naturgemäß die
Gebirgsgegenden Schwabens, besonders Jura und Schwarzwald; doch
bieten auch sie wertvolle Gaben und ihre hohe landschaftliche Schönheit wie ihre
stärkende Waldluft sind eine Quelle der Lebenskraft für die zahlreiche Bevölkerung
der schwäbischen Fabrikstädte. Im Süden des Neckarstufenlandes erhebt sich
der Schwäbische Jura oder die Alb, ein steil nach Norden abfallendes
Kalkplateau. Zahlreiche Höhlen (Nebelhöhle bei Pfullingen), wasserarme, rauhe