Full text: Dr. Johann Kaspar Müller's Lehrbuch der Weltgeschichte

Fünfter Zeitraum. Von den Kreuzzügen bis Columbus. 325 
I- n. C. G. ligen Schrift, durch gar keine gründliche 
1096— r;ro. Gelehrsamkeit und gehörige Hülfsmittel 
unterstützt. Der erste, der von dieser Art die christli¬ 
che Glaubenslehre zu behandeln ein Muster in einem 
st. i.64. vollständigen Lehrbuche gab, war Petrus Lom¬ 
bard us , Bischof von Paris. Ihm ahmten sehr viele 
in diesem ganzen Zeiträume nach, verschlimmerten seine 
nicht ganz verwerfliche lehrart, indem sie ihn am Scharf¬ 
sinne zu übertreffen suchten. So wurde endlich durch 
diese Scholastiker die Theologie in eine Kunst, über 
die Religion zu grübeln und zu zanken, verwandelt. 
Indessen war doch durch die Scholastik daö Denkver¬ 
mögen und der Forschungsgeist wieder angeregt, dessen 
unreife Früchte die Hoffnung zu bessern nicht so entfern¬ 
ten, als seine vorige Unthätigkeit. Es gab unter den 
Scholastikern Männer von vorzüglichen Gaben, wie 
st- 1274 Thomas von Llquino, ein italischer, und sein 
st I28O. lehrer Albert der Große, ein deutscher Do¬ 
minikaner und Bischof zu Regensburg, der eine seltene 
Kenntniß von natürlichen Dingen besaß. 
Tiefer Verfall Indessen gerieth die praktische Reli- 
der praknichen gjon per Christen täglich mehr in den 
kläglichsten Verfall. Der schon lange 
vorher an die Stelle der ächten Frömmigkeit getretene 
Aberglaube erreichte nun die höchste Stufe! Durch 
Mystiker, den übertriebenen Heiligendienst, wobey 
man fast Gottes vergaß, durch anaehäuste Feste und 
Prunkgebrauche, durch das (meistens mechanische) 
Äbbeten des neuerfundenen Rosenkranzes, dem rohe 
Laien und Mönche ein großes Verdienst, ja sogar 
Wunderwirkungen zuschrieben, durch eine Menge er-' 
dichterer Wunder, Offenbarungen, Erscheinungen k* 
wurde jener Aberglaube wirklich genährt! Die ehrwür 
dige Religion Jesu verlor bey Unzähligen den größten 
Theii ihrer Brauchbarkeit für Herz und Leben! 
Weltgeschichte. U Bloß
	        
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